Versöhnte Vielfalt - die Würde des Menschen ist antastbar - Das Thema dieser Jahrestagung hatte die Genderkommission vorgeschlagen und es war auf der letzten Mitgliederversammlung mit großer Mehrheit akzeptiert worden. Ausgangspunkt war die Tatsache, dass Menschen in unserer Gesellschaft grundgesetztwidrig z.B. aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihres Geschlecht, ihrer Religion, ihres Alter oder ihrer finanziellen Situation und ihres Status diskriminert und ausgegrenzt werden und zwar sowohl durch Machtstrukturen wie zunehmend auch wieder durch direkte Beleidigungen und tätliche Angriffe.Ziel war es, die eigene Wahrnehmung zu schärfen, diskriminierende Strukturen besser zu verstehen, sichtbar zu machen und Wege zu ihrer Überwindung zu suchen.
Dabei wurden auch das eigene Denken, Fühlen und Verhalten und die Strukturen in unserem Verband in den Blick genommen, sodass es immer wieder gerade auch jenseits des Plenums zu lebhaften Diskussionen kam.
Die Tagung verfolgte dabei vor allem am ersten Tag das Konzept, besonders von Diskriminierung Betroffenen einen Raum für ihre Stimme zu geben, weil klar ist, dass nur sie die Experten für ihre Erfahrungen sind. Die damit verknüpfte Aufforderung an die Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft "Zuhören und Klappe halten" wurde allerdings von manchen als Zumutung empfunden und weckte bei einigen Menschen, die in der DDR aufgewachsen waren, schmerzhafte Erinnerungen an eigene Erfahrungen von Ausgrenzung und Bevormundung.
Einen Blick aufs Ganze warf hingegen am Freitagmorgen Prof. Dr. Adelheid Biesecker mit ihrem Vortrag "Vorsorgendes Wirtschaften:
Ökonomische Grundlage für ein gutes Leben in Vielfalt", in dem sie zum einen kritisch deutlich machte, dass die kapitalistische Wirtschaftsweise so angelegt ist, dass sie die Vielfalt der Lebensgrundlagen unseres Planetens zerstört und zum anderen nachhaltige Alternativen aufzeigte und erzählte, wo diese jetzt schon gelebt werden.
Die Arbeitsgruppen des restlichen Freitags boten dann Raum für vielfältige Diskussionen und Vertiefungen, während bei einer Arbeitseinheit am Abend dann explizit die ausgrenzenden Strukturen im VB diskutiert wurden. Eine zentrale Frage war dabei die, was unser Verband dazu beiträgt, dass unsere Mitgliederstruktur so ist, wie sie ist, und was es Menschen mit anderen Voraussetzungen schwer macht, sich hier wohlzufühlen.
Am Beispiel des Umgangs mit Spiritualtiät wurde aber auch deutlich, dass es ein schmaler Grat ist, offen für alle Formen von Spiritutalität (und ggf. auch Nichtspiritualität) zu sein und zugleich das zu bewahren, was andere Mitglieder zum VB gebracht hat, nämlich einen Ort, wo diese ihren Glauben so leben können, dass religiöse Praxis und politisches Engagement gut zusammenkommen.
De facto war es auch auf dieser Tagung so, dass es keine einzige Veranstaltung gab, an der alle teilgeommen oder bei der sich alle wohlgefühlt hätten, was aber zumindest aus meiner Sicht der Verbindung und dem Gemeinschaftsgefühl keinen Abbruch getan hat.
Der spätere Freitagabend wie auch der Samstagvormittag standen unter dem Zeichen der Begegnung, sowohl in vielen informellen Gesprächen wie auch beim Mosaik der Friedensarbeit und den Spielen für vielen, bei denen Rainer Gertzen Menschen aller Generationen mit viel Witz und Engagement zusammen in Bewegung brachte.
Am Nachmittag wurden in Diskussionsforen und Schnupperkurse erneut viele Aspekte der Friedensarbeit beleuchtet, bevor der Tag mit vielen unterschiedlichen festlichen Elementen ausklingen konnte: dem Fest der Vielfalt, das versuchte, jenseits spezifisch religiöser Formen unseren Geist und unsere Hoffnung lebendig werden zu lassen, eine Kästnerlesung mit Akkordeon und Klarinette, mit der Marie von Laer, Annette Weber und Gregor Lang-Wojtasik ihr Publikum verzauberten, aber auch mit Tanzmusik in der Kinowelt, dem guten Käse vom Untermühlbachof und Gesprächen bis weit in den nächsten Morgen.
Eingerahmt wurde die Tagung wie immer durch die Mosaikgruppen am Anfang, den Tagesauskling für Kinder, das Jugendforum, das morgendliche Yoga und 1000 Begegnungen im Sonnenschein rund um das Humboldt-Jugendgästehaus Bad Schussenried.
Die folgenden Dokumente im Anhang geben einen kleinen Einblick in das Tagungsgeschehen:
- die Einladung
- das Grußwort von Tsepo Bollwinkel, der eigentlich auf dem Einganspodium seine Erfahrungen von Diskriminierung beschreiben wollte, aber erkrankt war
- die Eröffnungsthesen von Ullrich Hahn
- der Vortrag von Adelheid Biesecker
- Ullrich Hahns Thesen: Mit Rechten Reden