Liebe Friedensinteressierte,
beiliegend einige Informationen und Artikel ein Jahr nach dem 7. Oktober 2023.
- FAZ: Liveticker
- NZZ- Liveticker
- IPG: „Die Bedrohung ist real und beständig“
- IPG: „Die Hamas ist in Gaza bei vielen verhasst“
- IPG: Ein Jahr nach dem Schock
- DW: Iran und Israel: Wie aus Kooperation Feindschaft wurde
- IPPNW: Friedensnobelpreisträgerorganisation fordert Ende der Gewalt
- AUFRUF: FÜR EINEN GERECHTEN FRIEDEN IN PALÄSTINA UND ISRAEL
- UN: Ansprache Seiner Majestät König Abdullah II. auf der 79. Sitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen
————
1. FAZ: Liveticker
Robert Putzbach
5.10.2024 15:52 Uhr
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat sich am Samstag für einen Lieferstopp von Waffen an Israel ausgesprochen, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen. Heute sei es vorrangig, zu einer „politischen Lösung" zurückzukehren und Waffenlieferungen „für die Kämpfe im Gazastreifen zu beenden", erklärte Macron am Samstag im Radiosender France Inter. „Frankreich liefert keine", betonte er weiter. (…)
-----
Franca Wittenbrink
5.10.2024 13:48 Uhr
Der iranische Außenminister Abbas Aragtschi hat bei seinem Besuch in Syrien die Notwendigkeit einer Waffenruhe in Libanon und im Gazastreifen bekräftigt.
"Die wichtigste Frage heute ist die Waffenruhe, besonders in Libanon und im Gazastreifen", sagte Aragtschi am Samstag bei seiner Ankunft in der syrischen Hauptstadt Damaskus vor Journalisten.
Weiter sagte Aragtschi: "Es gibt Initiativen, es gibt Konsultationen, von denen wir hoffen, dass sie erfolgreich sein werden." Weitere Einzelheiten nannte er nicht.
(…)
-------
5.10.2024 09:53 Uhr
Guido Franke
Die UN will Israels Aufforderung, Teile ihrer Unifil-Friedenstruppe im Libanon zu verlegen, nicht nachkommen. Die Soldaten der UN-Beobachtermission würden „ihre Stellungen beibehalten", hieß es am Samstag in einer Erklärung von Unifil.
Israel hatte die UN-Friedenstruppe demnach am 30. September zum „Rückzug der Blauhelme von einigen ihrer Positionen" aufgerufen, da die israelische Armee "begrenzte Bodeneinsätze im Libanon" plane.
Die Soldaten der Friedenstruppe blieben aber „auf all ihren Positionen und die UN-Flagge weht weiterhin", hieß es in der Erklärung.
(…)
——
2. NZZ- Liveticker
https://www.nzz.ch/international/israel-und-gaza-news-und-entwicklungen-im-nahostkonflikt-ld.1759794
5.10.2024 12.34 Uhr
(…) 02.39 Uhr: Über 2000 Menschen in diesem Jahr in Libanon getötet Das libanesische Gesundheitsministerium hat bekanntgegeben, dass bei israelischen Angriffen auf Libanon in diesem Jahr mehr als 2000 Menschen getötet worden sind, die meisten davon in den letzten zwei Wochen. Darunter seien 127 Kinder und 261 Frauen.
Uno-Sprecher Stephane Dujarric bezeichnete die Zahl der getöteten Zivilisten als «völlig inakzeptabel». (…) (…) 02.10 Uhr: Streik im Westjordanland nach Toten bei israelischem Angriff Aus Protest gegen einen israelischen Angriff in der Stadt Tulkarem im Westjordanland mit 18 Toten ist dort ein Generalstreik ausgerufen worden. Der Freitag ist für Muslime jedoch ein ähnlich wichtiger Wochentag wie der Sonntag für Christen, und das öffentliche Leben ist freitags weitgehend eingeschränkt.
01.50 Uhr: Biden rät Israel von Angriffen auf Irans Öl-Industrie ab Der US-Präsident Joe Biden rät Israel von Angriffen auf die Infrastruktur der iranischen Öl-Industrie ab. «Wenn ich an ihrer Stelle wäre, würde ich über andere Alternativen nachdenken, als Ölfelder anzugreifen», sagte Biden bei einem überraschenden Auftritt in der regelmässigen Pressekonferenz des Weissen Hauses, die normalerweise von seiner Sprecherin abgehalten wird.
Biden erklärte, die Israelis hätten sich bisher nicht festgelegt, wie sie auf den jüngsten iranischen Angriff von Dienstagabend reagieren wollten. Auf die Frage, ob er mit der israelischen Regierung dazu in Kontakt stehe, sagte er, man stehe in kontinuierlichem Austausch.
——
3. IPG: „Die Bedrohung ist real und beständig“ https://www.ipg-journal.de/interviews/artikel/die-bedrohung-ist-real-und-bestaendig-7813/?utm_campaign=de_40_20241003&utm_medium=email&utm_source=newsletter
Interviews 02.10.2024 „Die Bedrohung ist real und beständig“
Ein Jahr nach dem 7. Oktober:
Judith Stelmach in Tel Aviv über die Spaltung der Gesellschaft, doppelte Standards gegen Israel und den Angriff Irans.
Judith Stelmach ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Friedrich-Ebert-Stiftung in Israel.
Die Fragen stellte Alexander Isele.
Der Jahrestag des Massakers vom 7. Oktober steht an, noch immer ist das Schicksal vieler Geiseln ungewiss. Was hat das vergangene Jahr mit der israelischen Gesellschaft gemacht?
Die Gesellschaft wurde komplett aus der Bahn geworfen – in nahezu jeder Hinsicht. Vor allem das Vertrauen zwischen der Bevölkerung und dem Staat ist massiv erschüttert. (…)
(…)
Interessanterweise hat der libanesische Ministerpräsident Najib Mikati diese Woche nach dem Gespräch mit dem schiitischen Parlamentspräsidenten Nabih Berri öffentlich seine Unterstützung für die Umsetzung der UN-Resolution1701 bekundet, laut der die libanesische Armee für die Sicherheit im Süden des Landes sorgen und die Hisbollah sich hinter den Litani-Fluss zurückziehen soll.
Diese Signale machen mich optimistisch. Ob die Chance genutzt wird, bleibt abzuwarten. Aber sie ist da.
——
4. IPG: „Die Hamas ist in Gaza bei vielen verhasst“ https://www.ipg-journal.de/interviews/artikel/die-hamas-ist-bei-vielen-verhasst-7814/?utm_campaign=de_40_20241003&utm_medium=email&utm_source=newsletter
Interviews 03.10.2024 „Die Hamas ist in Gaza bei vielen verhasst“
Usama Antar über das Leid der Menschen im Gazastreifen, die Eskalation im Libanon und Deutschlands Image in der arabischen Welt. Dr. Usama Antar arbeitet im Referat Naher/Mittlerer Osten und Nordafrika der Friedrich-Ebert-Stiftung. Zuvor leitete er seit 2005 die Projekte in der Zweigstelle der FES im Gazastreifen. Er war zudem als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Teilzeitdozent in der Fakultät für Politik- und Medienwissenschaften an der Al-Azhar-Universität sowie an der Al-Aqsa-Universität in Gaza-Stadt tätig.
Die Fragen stellte Nikolaos Gavalakis.
Der Tag des Massakers vom 7. Oktober jährt sich. Seitdem führt Israel im Gazastreifen Krieg gegen die Hamas. Sie und ihre Familie mussten aus Gaza fliehen. Wie ist die Lage vor Ort?
Ich würde sagen, der Krieg richtet sich nicht nur gegen die Hamas, sondern gegen den gesamten Gazastreifen. Die Situation dort verschlechtert sich tagtäglich. Meine engen Familienangehörigen und ich konnten aus Gaza fliehen, allerdings habe ich Geschwister, Neffen und weitere Verwandte, die immer noch da sind. Auch die Familie meiner Frau ist noch dort. Die Situation ist sehr dramatisch. (…)
———
5. IPG: Ein Jahr nach dem Schock https://www.ipg-journal.de/regionen/naher-osten/artikel/ein-jahr-nach-dem-schock-7817/?utm_campaign=de_40_20241003&utm_medium=email&utm_source=newsletter
Naher Osten/Nordafrika 03.10.2024
David French
David French ist Meinungskolumnist bei der New York Times. Der Bestsellerautor und ehemalige Anwalt schreibt über Recht, Kultur, Religion und bewaffnete Konflikte.
Er ist zudem Gastprofessor für öffentliche Ordnung an der Lipscomb University.
Ein Jahr nach dem Schock Israel hat Fehler gemacht. Doch die jüngsten militärischen Erfolge haben die Position des Landes deutlich verbessert – insbesondere gegenüber Iran. (…)
Der Hinweis auf die Rückschläge, die Iran und seine Stellvertreter in diesem Konflikt erleiden, soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass Israel dafür einen grauenhaft hohen Preis zu zahlen hat. Der Norden des Landes wurde durch die Raketen der Hisbollah teilweise entvölkert.
Israel wird wegen seiner gewaltsamen Reaktion auf die Hamas international massiv verurteilt. Zudem sind die inneren Spannungen im Land und im Militär nicht zu übersehen. Selbst wenn Israel diesen Krieg am Ende gewinnt, wird es ihn entsetzlich teuer erkauft haben.
(…)
————
6. DW: Iran und Israel: Wie aus Kooperation Feindschaft wurde https://www.dw.com/de/iran-israel-kooperation-feindschaft-hisbollah-gaza-libanon/a-69889763
Iran und Israel: Wie aus Kooperation Feindschaft wurde
Rodion Ebbighausen
01.10.2024. 1. Oktober 2024
Wieder einmal eskaliert die Feindschaft: Der Iran greift Israel mit Raketen an, Israels Regierung droht mit Vergeltungsangriffen. Dabei waren die beiden Staaten nicht immer Gegner - im Gegenteil.
(…)
Aus Verbündeten wurden Feinde
Der Iran und Israel sind seit Jahrzehnten verfeindet. Teheran spricht Israel das Existenzrecht ab und droht dem "zionistischen Regime" mit Vernichtung. Israel seinerseits betrachtet den Iran als seinen Erzfeind. Das war aber nicht immer so.
Bis zur Islamischen Revolution 1979 im Iran waren beide Länder eng verbündet. Der Iran zählte sogar zu den ersten Staaten, die 1948 den Staat Israel anerkannten. Israel betrachtete den Iran im Nahostkonflikt als Alliierten gegenüber den arabischen Staaten. Für Teheran bildete das von Washington unterstützte Israel ebenfalls ein willkommenes politisches Gegengewicht zu den arabischen Nachbarländern.
Israel bildete iranische Agrarexperten aus, lieferte technisches Know-how und half beim Aufbau und Training der persischen Streitkräfte. Der damalige Herrscher des Iran, Schah Mohammad Reza Pahlavi, bezahlte dafür mit Öl, das im wirtschaftlich aufstrebenden Israel dringend gebraucht wurde.
Im Iran lebte die zweitgrößte jüdische Gemeinde außerhalb Israels. Nach der Revolution verließ zwar ein größerer Teil der Juden das Land. Doch noch heute leben mehr als 20.000 Juden im Iran. (…)
———
7. IPPNW: Friedensnobelpreisträgerorganisation fordert Ende der Gewalt
https://news.ippnw.de/index.php?id=2558
04.10.2024
Friedensnobelpreisträgerorganisation fordert Ende der Gewalt
Iranische Angriffe auf Israel, israelische Angriffe auf den Libanon
Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW verurteilt die Militärschläge aller Konfliktparteien scharf. Sie fordert die Bundesregierung auf, ihre diplomatischen Kanäle gegenüber Israel, dem Iran und der Hisbollah zu nutzen, um die brandgefährliche Gewaltspirale zu stoppen und sich für eine Waffenruhe einzusetzen.
Die Bundesregierung solle zudem gegenüber Israel deutlich machen, dass die gezielte Tötung des politischen pro-iranischen Führers Hassan Nasrallah und seiner Offiziere unter bewusster Inkaufnahme der Tötung zahlreicher Zivilist*innen gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen.
Ebenso müsse die Bundesregierung darauf hinwirken, dass der UN-Generalsekretär António Guterres weiterhin nach Israel reisen darf und der Einreise-Stopp mit sofortiger Wirkung aufgehoben wird.
Die IPPNW begrüßt die Ankündigung des jordanischen Außenministers Ayman Safadi, am Rande der UN-Generalversammlung, 57 arabische und muslimische Länder seien bereit, die Sicherheit von Israel zu garantieren, wenn Israel die Besatzung beendet und die Entstehung eines palästinensischen Staates zulässt.
Der gemeinsame islamisch-arabische Ministerausschuss wolle einen Frieden, in dem Israel in Frieden und Sicherheit leben kann.
„Menschenrechte und das Völkerrecht sind unteilbar. Sie gelten für alle Menschen und Völker. Im Libanon wurden bereits mehr als 1.500 Zivilist*innen getötet, Tausende fliehen vor den israelischen Bomben. Wo bleibt die Trauer über die über 40.000 Kriegstoten in Gaza und die hunderttausenden Verletzten und Hungernden dort?
Die Gewaltspirale muss unterbrochen werden! Das geht nur mit allen Regierungen der Region gemeinsam in einer internationalen Konferenz für Waffenstillstand, Frieden und Zusammenarbeit“, so die IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen.
Angesicht der aktuellen Gefahr einer Ausweitung des Krieges rächt sich die Aufkündigung des Iran-Atomabkommen durch den damaligen US-Präsident Donald Trump im Jahr 2018.
Das Abkommen wurde im Jahr 2015 zwischen dem Iran und den USA, Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Russland und China geschlossen und verpflichtete den Iran, sein ziviles Atomprogramm und insbesondere die Uran-Anreicherung zu beschränken und keine Atomwaffen zu bauen.
Im Gegenzug wurden Sanktionen gegen das Land zu einem großen Teil aufgehoben.
Es besteht die Gefahr, dass neben Israel weitere Staaten der Region nach Atomwaffen streben, wie z.B. der Iran, Saudi Arabien und die Türkei. Dies sollte ebenfalls auf der Tagesordnung einer Konferenz für Frieden und Zusammenarbeit im Nahen Osten stehen.
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) kritisierte zuletzt immer wieder, der Iran würde seine nuklearen Kapazitäten weiter ausbauen. Israel verfügt über Atomwaffen, hat das jedoch nie offiziell zugegeben. In der Vergangenheit drohte Israel mehrfach, es könne Atomwaffen einsetzen.
Expert*innen schätzen, dass das Land mindestens 90 einsatzfähige Atomwaffen besitzt. Auch für Saudi Arabien besteht die Gefahr der nuklearen Proliferation.
Der neue iranische Präsident Masud Pezeshkian hat sich gegen Atomwaffen und für verbesserte Beziehungen mit dem Westen ausgesprochen.
Die IPPNW appelliert vor dem Hintergrund der andauernden Krise im Nahen Osten an die Gruppe der sechs am Atomabkommen mit dem Iran beteiligten Staaten (China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland, USA), alle Seiten zur Deeskalation zu mahnen, auf weitere Angriffe zu verzichten und die Verhandlungen über eine Wiederbelebung des Iran-Atomabkommens mittelfristig wieder voranzutreiben. -------
8. AUFRUF: FÜR EINEN GERECHTEN FRIEDEN IN PALÄSTINA UND ISRAEL https://gerechter-frieden.org/aufruf/
FÜR EINEN GERECHTEN FRIEDEN IN PALÄSTINA UND ISRAEL Zivilbevölkerung schützen, Waffenexporte stoppen!
Kundgebung am 18. Oktober 2024 um 17 Uhr vor dem Bundeskanzleramt
Wir erleben eine erschütternde Eskalation an Gewalt und Leid in Palästina und Israel. Im aktuellen Krieg sind seit dem 7. Oktober 2023 bereits über 41.000 Menschen in Palästina und über 1.200 Menschen in Israel getötet worden.
Etwa 100 Geiseln befinden sich noch immer in Gaza. Mindestens 95.000 Palästinenser:innen wurden verwundet und Unzählige werden vermisst. Nahezu die gesamte Bevölkerung Gazas, 1,9 der 2,1 Millionen Bewohner:innen, wurde bereits mehrfach innerhalb ihres Landes vertrieben. Etwa 100.000 Israelis sind seit letztem Oktober evakuiert.
Es gibt keinen sicheren Ort im gesamten Gazastreifen. Das bewusste Vorenthalten von humanitärer Hilfe, von Nahrungsmitteln, sauberem Trinkwasser und medizinischer Versorgung durch Israel bedroht akut das Leben Hunderttausender in Gaza. Und im Westjordanland sind die Menschen mehr denn je schutzlos der Gewalt von Armee und Siedler:innen ausgesetzt.
Zu all dem wollen und können wir nicht schweigen. Wir verurteilen alle Kriegsverbrechen in diesem Krieg, sowohl die der Hamas und anderer bewaffneter palästinensischer Gruppen, als auch die der israelischen Regierung.
Wir trauern um alle Opfer der Gewalt in Palästina und Israel. Wir bangen um die Tausenden, die in Israel willkürlich in Haft und oft Folter und Misshandlung ausgesetzt sind. Wir bangen um diejenigen, die als Geiseln nach Gaza verschleppt wurden.
Wir solidarisieren uns mit allen, die sich für Frieden und gleiche Rechte für alle Menschen in der Region einsetzen.
Während die deutsche Regierung zu Recht die Kriegsverbrechen der Hamas verurteilt, benennt sie die Kriegsverbrechen der israelischen Regierung und der Armee noch nicht einmal als solche.
Mehr noch, durch ihr politisches Handeln billigt sie die völkerrechtswidrigen Handlungen Israels in Gaza. Die Bundesregierung schwächt die internationale Gerichtsbarkeit durch einseitige Parteinahme.
In Deutschland erleben wir im Kontext der Palästina-Solidarität massive Eingriffe in die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Wir stellen uns klar gegen die Kriminalisierung von legitimen Protesten und tragen unsere Kritik am Krieg in Gaza und der Rolle der deutschen Regierung auch selbst auf die Straße.
Wir gehen auf die Straße, um deutlich zu machen: Eine Staatsräson, die bei den Menschenrechten und dem Völkerrecht doppelte Standards anlegt, nützt niemandem und trägt – den wiederholt vorgetragenen politischen Erklärungen zum Trotz – auch nicht zur Sicherheit Israels bei.
Menschenrechte und Völkerrecht sind universell. Menschenleben dürfen nicht mit zweierlei Maß gemessen werden: Palästinensisches Leben ist genauso kostbar wie israelisches Leben.
Wir fordern von der Bundesregierung:
Setzen Sie sich mit allen Mitteln für einen sofortigen und umfassenden Waffenstillstand ein. Nur ein Waffenstillstand schafft die Bedingungen für ein Ende des Tötens und für die Freilassung der Geiseln und unrechtmäßig Inhaftierten.
Liefern Sie keine Rüstungsgüter an Israel, wenn die Gefahr besteht, dass sie völkerrechtswidrig eingesetzt werden.
Unterstützen Sie die internationale Gerichtsbarkeit ohne Einschränkungen, um die jahrzehntelange Straflosigkeit zu beenden.
Setzen Sie sich im Sinne des Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs vom 19. Juli 2024 mit aller Kraft für ein Ende der illegalen Besatzung, des völkerrechtswidrigen Siedlungsbaus und der Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung im Westjordanland ein.
Schützen Sie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Deutschland: Der Schutz vor Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus darf nicht gegen das Recht auf friedlichen Protest ausgespielt werden.
Wir wollen mit der Veranstaltung einen Raum für friedlichen Protest schaffen, der frei ist von Diskriminierung und Gewalt. Rassistische, anti-palästinensische und/oder antisemitische Äußerungen oder Handlungen akzeptieren wir nicht.
Aufrufende Organisationen:
Amnesty International Deutschland • Arbeitsgruppe Globalisierung und Krieg • Arbeitskreis Palästina Brühl-Battir • Ärzte der Welt • Bielefelder Nahost-Initiative • Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern (BIP) • CARE Deutschland • Deutsch-Palästinensische Gesellschaft • Deutsch-Palästinensischer Frauenverein • Forum Ziviler Friedensdienst • Frauen wagen Frieden • Freunde von Sabeel Deutschland • Humanistische Union • IALANA Deutschland – Vereinigung für Friedensrecht • INNA (Städtepartnerschaft Nablus/Nürnberg) • Internationale Liga für Menschenrechte • Internationaler Versöhnungsbund, Deutscher Zweig • Interventionistische Linke Berlin • IPPNW Deutschland • Israelis für Frieden • Israelisches Komitee gegen Hauszerstörungen (ICAHD) • Kairos Palästina Solidaritätsnetz Deutschland • Komitee für Grundrechte und Demokratie • medico international • Netzwerk Ökumenisches Begleitprogramm in Palästina und Israel in Deutschland • NRC Flüchtlingshilfe Deutschland • Palästina Initiative Region Hannover • pax christi, Deutsche Sektion • Partnerschaftsverein Bonn-Ramallah • Solidarität International • Terre des Hommes Deutschland • Weltfriedensdienst
——————
9. UN: Ansprache Seiner Majestät König Abdullah II. auf der
79. Sitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen
https://gadebate.un.org/sites/default/files/gastatements/79/jo_en.pdf
Ansprache Seiner Majestät König Abdullah II. auf der
79. Sitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen
am 24. September 2024
Im Namen Gottes, des Allerbarmers, des Barmherzigen.
Herr Generalsekretär,
meine Exzellenzen,
Im Laufe des letzten Vierteljahrhunderts habe ich an diesem Rednerpult gestanden, inmitten regionaler Konflikte, globaler Umwälzungen und humanitärer Krisen, die unsere Weltgemeinschaft auf eine harte Probe gestellt haben.
Es scheint, als hätte es keinen Moment gegeben, in dem unsere Welt nicht in Aufruhr war. Und doch kann ich mich nicht an eine Zeit erinnern, die gefährlicher war als diese.
Unsere Vereinten Nationen stehen vor einer Krise, die ihre Legitimität in Frage stellt und das globale Vertrauen und die moralische Autorität zu zerstören droht.
Dei UNO wird angegriffen - im wörtlichen und im übertragenen Sinne.
Seit fast einem Jahr ist die himmelblaue Flagge, die über UN-Unterkünften und Schulen in Gaza weht, machtlos, unschuldige Zivilisten vor israelischen Militärbombardierungen zu schützen.
UN-Hilfslastwagen stehen nur wenige Kilometer von hungernden Palästinensern entfernt regungslos da. Humanitäre Helfer, die stolz das Emblem dieser Institution tragen, werden herabgewürdigt und ins Visier genommen. Und die Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs der Vereinten Nationen werden missachtet, seine Stellungnahmen werden ignoriert.
Es ist also keine Überaschung, das sowohl innerhalb als auch außerhalb dieses Saals das Vertrauen in die Grundprinzipien und Ideale der UNO bröckelt.
Die harte Realität, die viele sehen, ist, dass einige Nationen über dem Völkerrecht stehen, dass sich die globale Gerechtigkeit dem Willen der Macht beugt und dass die Menschenrechte selektiv sind; ein Privileg, das nach Belieben gewährt oder verweigert werden kann.
Das können wir nicht hinnehmen und wir müssen erkennen, dass die Untergrabung unserer internationalen Institutionen und globalen Rahmenbedingungen eine der größten Bedrohungen für unsere globale Sicherheit darstellt.
Fragen Sie sich selbst: Wenn wir nicht als Nationen in der Überzeugung vereint sind, das alle Menschen die gleichen Rechte, die gleiche Würde und den gleichen Wert haben und das alle Länder vor dem Gesetz gleich sind, was für eine Welt bleibt uns dann?
Exzellenzen,
die Angriffe auf israelische Zivilisten am .7 Oktober letzten Jahres wurden von Ländern auf der ganzen Welt verurteilt, auch von Jordanien, aber das beispiellose Ausmaß des Terrors, das seit diesem Tag in Gaza herrscht, ist durch nichts zu rechtfertigen.
Der Angriff der israelischen Regierung hat zu einer der höchsten Sterberaten in den jüngsten Konflikten, einer der höchsten durch Krieg verursachten Hungerraten, der größten Zahl an amputierten Kindern und einem beispiellosen Ausmaß an Zerstörung geführt.
Diese israelische Regierung hat mehr Kinder, mehr Journalisten, mehr Helfer und mehr medizinisches Personal getötet als in jedem anderen Krieg in jüngerer Zeit.
Und vergessen wir nicht die Angriffe im Westjordanland. Dort hat die israelische Regierung seit dem 7. Oktober mehr als 700 Palästinenser getötet, darunter 160 Kinder.
In israelischen Haftanstalten befinden sich über 10.700 Palästinenser, darunter 400 Frauen und 730 Kinder - 730 Kinder. Über 4.000 Palästinenser wurden aus ihren Häusern und von ihrem Land vertrieben. Die Gewalt durch bewaffnete Siedler hat zugenommen. Ganze Dörfer wurden vertrieben.
Und in Jerusalem gehen die eklatanten Verstöße gegen den historischen und rechtlichen Status quo an muslimischen und christlichen heiligen Stätten unvermindert weiter, unter dem Schutz und der Ermutigung von Mitgliedern der israelischen Regierung.
Um es klar zu sagen: Dies geschieht im Westjordanland, nicht im Gazastreifen.
Seit dem 7. Oktober wurden fast 42.000 Palästinenser getötet.
Ist es da ein Wunder, das viele fragen, wie dieser Krieg nicht als absichtlicher Angrif auf die Palästinenser wahrgenommen werden kann?
Das Leid der Zivilbevölkerung kann nicht als unvermeidbare Begleiterscheinung abgetan werden.
Ich bin als Soldat in einer Region aufgewachsen, die mit Konflikten nur allzu vertraut ist. Aber an diesem Krieg und der seit dem 7.Oktober entfesselten Gewalt ist nichts Vertrautes.
In Ermangelung einer globalen Rechenschaftspflicht werden wiederholte Gräueltaten normalisiert und drohen eine Zukunft zu schaffen, in der überall auf der Welt alles erlaubt ist. Ist es das, was wir wollen?
Jetzt ist es an der Zeit, den Schutz des palästinensischen Volkes zu gewährleisten. Es ist die moralische Pflicht dieser internationalen Gemeinschaft, einen Schutzmechanismus für sie in den besetzten Gebieten einzurichten.
Dies wird die Sicherheit von Palästinensern und Israelis vor Extremisten gewährleisten, die unsere Region an den Rand eines totalen Krieges bringen.
Das gilt auch für diejenigen, die weiterhin die Idee von Jordanien als alternativer Heimat propagieren. Lassen Sie mich das ganz deutlich sagen: Das wird niemals geschehen. Wir werden die Zwangsumsiedlung von Palästinensern, die ein Kriegsverbrechen darstellt, niemals akzeptieren.
Kein Land in der Region profitiert von einer Eskalation. Das haben wir in den letzten Tagen bei den gefährlichen Entwicklungen mi Libanon deutlich gesehen. Das muss aufhören.
Seit Jahren streckt die arabische Welt Israel durch die Arabische Friedensinitiative die Hand entgegen und bietet im Austausch für Frieden volle Anerkennung und Normalisierung an.
Doch die aufeinanderfolgenden israelischen Regierungen, ermutigt durch jahrelange Straflosigkeit, haben den Frieden abgelehnt und sich stattdessen für die Konfrontation entschieden.
Straflosigkeit gewinnt an Kraft. Wenn sie nicht kontroliert wird, gewinnt sie an Dynamik.
Die Palästinenser haben mehr als 75 Jahre Besatzung und Unterdrückung ertragen. In dieser Zeit wurde der israelischen Regierung erlaubt, eine rote Linie nach der anderen zu überschreiten.
Doch nun wird die jahrzehntelange Straflosigkeit Israels zu seinem schlimmsten Feind. Und die Folgen sind überall zu spüren.
Die israelische Regierung wurde vor dem Internationalen Gerichtshof des Völkermords beschuldigt. Überall auf der Welt wird Empörung über ihr Verhalten laut. In Städten überall finden Massenproteste statt, und der Ruf nach Sanktionen wird immer lauter.
Die internationale Frustration über Israel hat schon lange zugenommen, aber sie war noch nie so offensichtlich.
Jahrzehntelang hat sich Israel als blühende Demokratie im Nahen Osten nach westlichem Vorbild dargestellt.
Doch die Brutalität des Krieges gegen Gaza hat die Welt gezwungen, genauer hinzuschauen.
Jetzt sehen viele Israel mit den Augen seiner Opfer. Und der Widerspruch, das Paradoxon, ist zu schockierend.
Das moderne, fortschrittliche Israel, das aus der Ferne bewundert wird, und das Israel, das die Palästinenser aus erster Hand erlebt haben, können einfach nicht nebeneinander existieren. Israel wird sich letztendlich entweder für das eine oder das andere entscheiden.
Das ist die Entscheidung, die seine Führung und sein Volk treffen müssen. Nach den demokratischen Werten der Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit für alle zu leben oder eine weitere Isolation und Ablehnung zu riskieren.
Immer wieder haben wir beobachtet, wie Israel versucht hat, Sicherheit durch militärische Mittel zu erreichen. Auf jede Eskalation folgt eine Pause, bis zur nächsten, tödlicheren.
Und seit Jahren geht die Weltgemeinschaft den Weg des geringsten Widerstands - sie akzeptiert den Status quo der anhaltenden militärischen Besatzung der Palästinenser und gibt gleichzeitig Lippenbekenntnisse zur Zweistaatenlösung ab.
Aber es war noch nie so offensichtlich, dass der derzeitige Status quo unhaltbar ist. Und wie das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs vor zwei Monaten unterstrich, ist er eindeutig illegal.
Das Gutachten des Gerichtshofs ist für uns alle ein moralischer Imperativ. Die darin enthaltene Verpflichtung dürfen unsere Nationen nicht ignorieren - um unserer Welt willen und für die Zukunft der Palästinenser und Israelis gleichermaßen.
Denn beide Völker verdienen es, ihr Leben in Würde, frei von Gewalt und Angst zu leben.
Und der einzige Weg, dies zu erreichen, ist ein gerechter Frieden, der auf internationalem Recht, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und gegenseitiger Anerkennung beruht.
Das ist etwas, worin wir uns als Nationen und Menschen überall vereinen können und müssen.
Exzellenzen,
die Welt schaut zu, und die Geschichte wird uns nach dem Mut beurteilen, den wir zeigen.
Und nicht nur die Zukunft wird uns zur Rechenschaft ziehen, sondern auch die Menschen im Hier und Jetzt.
Sie werden beurteilen, ob wir als Vereinte Nationen der Untätigkeit nachgeben oder für die Wahrung der Grundsätze kämpfen werden, die diese Institution und unsere Welt verankern.
Im Moment fragen sie sich, ob wir tatenlos zusehen werden, wie Eltern mit ansehen müssen, wie ihre Kinder dahinsiechen, wie Ärzte mit ansehen müssen, wie ihre Patienten aufgrund fehlender medizinischer Grundversorgung sterben, und wie noch mehr unschuldige Menschen ihr Leben verlieren, weil die Welt nicht handelt.
Dieser Krieg muss enden. Geiseln und Gefangene müssen nach Hause zurückkehren. Aber jeder Tag, den wir warten, ist für viel zu viele Menschen ein Tag zu viel.
Daher rufe ich alle Länder auf, sich Jordanien anzuschließen und ein internationales „Gaza Humanitarian Gateway" zu errichten - eine massive Hilfsaktion, um Lebensmittel, sauberes Wasser, Medikamente und andere lebenswichtige Güter an die Bedürftigen zu liefern. Denn humanitäre Hilfe sollte niemals ein Werkzeug des Krieges sein.
Unabhängig von unserer politischen Einstellung ist eine Wahrheit unbestreitbar: Kein Volk solte ein solches beispielloses Leid ertragen müssen, verlassen und allein. Wir dürfen die Zukunft nicht denen überlassen, die von Spaltung und Konflikten profitieren.
Ich fordere alle Nationen mit Gewissen auf, sich in den kommenden kritischen Wochen dieser Mission mit Jordanien zu vereinen.
Fast ein Jahr nach Beginn dieses Krieges hat unsere Welt politisch versagt, aber unsere Menschlichkeit darf die Menschen in Gaza nicht länger im Stich lassen.
Ich wiederhole die Worte meines Vaters von vor 64 Jahren auf der 15. Sitzung der Generalversammlung und bete, dass diese Gemeinschaft von Nationen den Mut haben möge, weise und furchtlos zu entscheiden, und mit der dringenden Entschlossenheit handeln wird, die diese Krise und unser Gewissen erfordern.
Mein Vater war ein Mann, der bis zum Schluss für den Frieden gekämpft hat. Und wie er weigere auch ich mich, meinen Kindern oder Ihren Kindern eine Zukunft zu hinterlassen, die wir aufgegeben haben.
Vielen Dank.