Liebe Friedensinteressierte,
beiliegend einige Beiträge zu den Kriegen in der Ukraine und in Westasien.
1. NYT: "If I shut my eyes, I can see everything from my old life."
2. Der Spiegel: Ukrainekrieg Russische Frauen bitten Verteidigungsminister, ihre Männer von der Front zu holen
3. BR: Putins Angebot: Warum verhandelt der Westen nicht?
4. RAND: USA - Eskalation in der Ukraine braucht Plan
5. FR: Trotz China-Blockade bei Friedenskonferenz: Scholz macht Hoffnung auf Ende im Ukraine-Krieg
6. IPPNW: Stellungnahme des Bündnisses »Stoppt das Töten in der Ukraine« zur geplanten Friedenskonferenz in der Schweiz
7. KSTA: Avi Primor zur Lage in Israel „Die Mehrheit glaubt Netanjahu kein Wort"
8. IPG: Alon Liel: Mehr als Symbolpolitik
9. Tagesspiegel: "Er hat das sehr clever gemacht": Wie realistisch ist Bidens Plan für Nahost?
10. WiWo: Krieg in Nahost Hamas fordert von Israel Bekenntnis zu Waffenstillstand
11. Connection: 41 israelische Reservesoldat*innen verweigern ihre Beteiligung an der militärischen Invasion von Rafah
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1. NYT: "If I shut my eyes, I can see everything from my old life."
https://www.nytimes.com/interactive/2024/06/03/world/europe/ukraine-destruction.html
New York Times, 3.6.2024
"If I shut my eyes, I can see everything from my old life."
Jeffrey Gettleman, Marco Hernandez, Finbarr O'Reilly, Tim Wallace
(...) Auf der Grundlage einer detaillierten Analyse jahrelanger Satellitendaten haben wir eine Aufzeichnung jeder Stadt, jeder Straße und jedes Gebäudes erstellt, das auseinandergesprengt wurde. Das Ausmaß ist schwer zu begreifen.
In der Ukraine wurden mehr Gebäude zerstört, als wenn jedes Gebäude in Manhattan viermal dem Erdboden gleichgemacht würde. Teile der Ukraine, die Hunderte von Kilometern voneinander entfernt sind, sehen aus wie Dresden oder London nach dem Zweiten Weltkrieg oder Gaza nach einem halben Jahr Bombardierung.
Um diese Schätzungen zu erstellen, arbeitete die New York Times mit zwei führenden Fernerkundungswissenschaftlern, Corey Scher vom City University of New York Graduate Center und Jamon Van Den Hoek von der Oregon State University, zusammen, um Daten von Radarsatelliten zu analysieren, die kleine Veränderungen in der gebauten Umwelt erkennen können. (...)
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siehe auch:
Die Ukraine greift mit westlichen Waffen in Russland ein, sagt ein Beamter
Der Beamte sagte, die Ukraine habe Raketenwerfer in der russischen
Region Belgorod mit einem in Amerika hergestellten Raketensystem zerstört.
(...)
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2. Der Spiegel: Ukrainekrieg Russische Frauen bitten Verteidigungsminister, ihre Männer von der Front zu holen
3.6.2024 Ukrainekrieg Russische Frauen bitten Verteidigungsminister, ihre Männer von der Front zu holen Immer wieder gehen Frauen in Russland für die Heimkehr ihrer Soldatenmänner auf die Straße.
Nun wollen sie den neuen Verteidigungsminister sprechen.
04.06.2024, 08.10 Uhr
Ein Dutzend Frauen haben vor dem russischen Verteidigungsministerium die Rückkehr ihrer Männer von der Front gefordert. Gemeinsam mit Kindern versammelten sich die Angehörigen, meist Ehefrauen von russischen Soldaten, die im Herbst 2022 einberufen worden waren und seither immer noch an der Front sind, in einer Mahnwache vor dem Gebäude in Moskau.
Ihre Forderung: ein Treffen mit dem neuen Verteidigungsminister Andrej Beloussow, um über die Rückkehr ihrer Männer von der Front zu sprechen.
In den Händen hielten die Frauen Plakate mit Aufschriften wie »Bitte bringt meinen Vater nach Hause« oder »Eines Tages müssen wir sie nach Hause bringen«. Das letzte Plakat ist ein direktes Zitat von Putin über eingezogene Soldaten. (...)
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3. BR: Putins Angebot: Warum verhandelt der Westen nicht?
01.06.2024, 07:38 Uhr Putins Angebot: Warum verhandelt der Westen nicht? Der russische Machthaber Wladimir Putin ist bereit, über eine Waffenruhe in der Ukraine zu verhandeln. Der Westen nimmt das Angebot jedoch nicht ernst, will die Ukraine sogar noch intensiver militärisch unterstützen. Warum?
Von Adrian Dittrich Dominic Possoch
Auf dem Weg zum Frieden im Ukraine-Krieg? Wladimir Putin ist laut Kreml zumindest für die Möglichkeit eines Waffenstillstands offen. Der Westen ignoriert jedoch das Angebot, will stattdessen der Ukraine erlauben, mit westlichen Waffen auch russisches Gebiet anzugreifen.
Denn die Ukraine befindet sich im Krieg gegen die russischen Invasionstruppen aktuell in einer schwierigen Phase und wird bei Charkiw von russischem Staatsgebiet aus angegriffen.
"Tatsächlich sitzt der Westen in einer Grube, weil er es nicht hingekriegt hat, die Versorgung, Artillerie, Raketen, Luftverteidigung, all diese Dinge vernünftig auf die Reihe zu bekommen", sagt Militärexperte Ralph Thiele im BR24-Interview für "Possoch klärt" (...)
4. RAND: USA - Eskalation in der Ukraine braucht Plan
https://www.rand.org/pubs/commentary/2024/06/us-escalation-in-ukraine-needs-a-plan.html
USA - Eskalation in der Ukraine braucht Plan
Kommentar
3. Juni 2024 Von Samuel Charap und Jeremy Shapiro
Dieser Kommentar erschien ursprünglich am Washington Post 3. Juni 2024.
Die Entscheidung der Biden-Regierung, den Einsatz von US-Waffen durch die Ukraine zu genehmigen, um Ziele in Russland anzugreifen, ist, wie Präsident Biden sagen könnte, eine große Sache.
Die Ukrainer argumentieren, dass diese Änderung die Offensive des Kremls in der Region Charkiw entgleisen und vielleicht sogar das Blatt des Krieges wendenwird. Russische Beamte und Propagandisten behaupten, es sei eine große Eskalation und haben gedroht, direkt auf die Vereinigten Staaten oder ihre Verbündeten zurückzuschlagen.
Beide Behauptungen dürften sich als hohl erweisen. Aber diese Entscheidung ist dennoch folgend, wenn auch aus einem anderen Grund: Sie markiert eine weitere Wendung einer Tit-for-tat-Spirale, die kontinuierlich das Risiko eines breiteren Krieges erhöht hat, ohne einen Weg zu bieten, diesen zu beenden. (...)
Samuel Charap ist angesehener Vorsitzender für Russland und Eurasienspolitik bei RAND.
Jeremy Shapiro ist Forschungsdirektor des European Council on Foreign Relations.
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5. FR: Trotz China-Blockade bei Friedenskonferenz: Scholz macht Hoffnung auf Ende im Ukraine-Krieg
Trotz China-Blockade bei Friedenskonferenz: Scholz macht Hoffnung auf Ende im Ukraine-Krieg
Stand: 05.06.2024, 16:01 Uhr Von: Tadhg Nagel
In der Schweiz findet ein Gipfel über ein Ende des Ukraine-Kriegs statt. Für Olaf Scholz Grund zur Hoffnung - obwohl China und Russland fehlen werden.
Berlin – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat zugesichert, dass Deutschland die Ukraine weiterhin in hohem Maße unterstützen wird. Gleichzeitig machte er Hoffnung auf eine diplomatische Lösung des Ukraine-Kriegs – auch mit Blick auf die Friedenskonferenz in der Schweiz am 15. und 16. Juni.
(...)
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6. IPPNW: Stellungnahme des Bündnisses »Stoppt das Töten in der Ukraine« zur geplanten Friedenskonferenz in der Schweiz
http://news.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/Stellungnahme-Ukraine-Konferenz-mit-logos.pdf
5. Juni 2024
Stellungnahme des Bündnisses »Stoppt das Töten in der Ukraine«
zur geplanten Friedenskonferenz in der Schweiz
Für den 15. und 16. Juni 2024 hat die Schweiz auf Ersuchen der Ukraine zu einer internationalen Konferenz in der Nähe von Luzern eingeladen. Die Konferenz soll ein »gemeinsames Verständnis für einen möglichen Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine« entwickeln.
Vertreterinnen und Vertreter von mehr als 80 Staaten werden erwartet, darunter mit Ländern wie Indien und Brasilien auch solche, die sich schon seit Längerem für eine Verhandlungslösung des Konflikts einsetzen.
Das zivilgesellschaftliche Bündnis »Stoppt das Töten in der Ukraine!« begrüßt die geplante Konferenz im Juni 2024.
Wir begrüßen alle Schritte, die zu einem Ende des Tötens, des Leides und der Zerstörung führen können. Die Konferenz kann ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem Waffenstillstand, einer Verhandlungslösung und einem Ende des Tötens im Ukrainekrieg sein.
Die Friedensforschung zeigt (vgl. etwa Inclusive Peace: Verhandlungen über ein Ende des Krieges in der Ukraine), dass die meisten zwischenstaatlichen Konflikte auf dem Verhandlungsweg beigelegt werden. Damit das gelingen kann, sind umfassende Vorbereitungen und gegenseitiger Vertrauensaufbau nötig.
Russland wurde zu der Ukraine-Konferenz in der Schweiz nicht eingeladen. Offiziell wird dies damit begründet, dass eine Teilnahme durch Moskau an diesem Verhandlungsformat bereits vorab unmissverständlich abgelehnt wurde.
Wir halten eine Einbindung von Russland für zentral. Das haben auch China und Brasilien am 23. Mai 2024 in einer gemeinsamen Erklärung betont, in der sie fordern, Prinzipien zur Deeskalation einzuhalten und einen direkten Dialog zu führen, sowie eine Friedenskonferenz abzuhalten, an der alle Parteien gleichberechtigt teilnehmen. Für die Konferenz in der Schweiz und für künftige Formate ist auch die Teilnahme von China sehr wichtig.
Als zivilgesellschaftliche Organisationen mit vielfältiger Erfahrung in der Friedensarbeit halten wir für den Friedensprozess einige weitere Faktoren für notwendig:
• Bereits jetzt zeigt sich, dass dank der Initiative der Schweiz eine Verhandlungslösung im Ukraine-Krieg nicht länger als »unmöglich« bezeichnet wird. Das ist eine wichtige und überfällige Veränderung im politischen Diskurs. Die Bundesregierung sollte öffentlich immer wieder deutlich machen, dass sie eine diplomatische Lösung für nötig und möglich hält, und auch unabhängig von der Konferenz in der Schweiz Verhandlungsinitiativen ergreifen und unterstützen.
• Die Erwartungen an die Konferenz – sowohl von Seiten der Politik als auch von Medien und Öffentlichkeit – sollten nicht zu hoch gesteckt werden. Um diplomatische Ergebnisse zu erzielen, wird ein weiterer intensiver Austausch nötig sein. Zunächst müssen gemeinsame Sprachregelungen und Verhandlungsthemen gefunden und Vertrauen aufgebaut werden.
• Um den folgenden Prozess klar zu strukturieren, halten wir es für nötig, frühzeitig eine Folgekonferenz noch im Jahr 2024 zu vereinbaren und gleichzeitig – wie von China und Brasilien angeregt – alle Beteiligten zur Deeskalation aufzufordern und die Ukraine und Russland von Beginn an gleichermaßen einzubinden.
• Es finden laufend Gespräche zwischen der Ukraine und Russland statt – etwa zum Gefangenenaustausch. Wir finden es begrüßenswert, dass ein Ziel der Konferenz offenbar ist, derartige Formen der Kooperation zu fördern.
• Die ukrainische »Friedensformel«, die offenbar eine Grundlage der Konferenz sein soll, ist nachvollziehbar und völkerrechtlich angemessen. Dennoch ist es wichtig, dass ein Friedensprozess eine Verhandlungslösung zum Ziel hat und nicht die vollständige Durchsetzung der Interessen der Ukraine. Für eine gelingende Vermittlung ist es nötig, dass sich die Konferenz und ihre Teilnehmenden in diese Richtung orientieren.
• Es sollte zudem klargestellt werden, dass die Frage von Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen nicht allein Sache der Ukraine ist, da es mehrere Konfliktebenen gibt und die Gefahr einer Ausweitung des Krieges bis hin zum Atomkrieg droht.
Diese Organisationen aus dem Bündnis »Stoppt das Töten in der Ukraine« unterstützen die Stellungnahme:
Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF), Bund für Soziale Verteidigung, Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), International Physici- ans for the Prevention of Nuclear War (IPPNW), Naturfreunde Deutschlands, Netzwerk Friedenskooperative, Ohne Rüstung Leben, Pax Christi, Sicherheit neu denken, Werkstatt für Gewaltfreie Aktion.
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7. KSTA: Avi Primor zur Lage in Israel „Die Mehrheit glaubt Netanjahu kein Wort"
Avi Primor zur Lage in Israel „Die Mehrheit glaubt Netanjahu kein Wort" Von Joachim Frank 05.06.2024, 15:55 Uhr
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In der Printausgabe des Kölner Stadtanzeiger, 5.6.2024, Seite 19:
„Die Mehrheit glaubt Netanjahu kein Wort"
Israels früherer Botschafter Avi Primor über das Machtkalkül des
Premierministers, die Stimmung in seinem Land und den Antisemitismus
Herr Primor, wie schätzen Sie die Aussichten auf einen Erfolg des
jüngsten Friedensplans für den Gazakonflikt ein?
Israels Premier Benjamin Netanjahu wird diesem Plan nicht zustimmen,
obwohl er es mit US- Präsident Joe Biden mehrfach besprochen hat. Aber
das ist typisch für ihn: Er sagt seinen Ge-sprächspartnern immer das,
wovon er meint, dass sie es hören wollen. Und dann tut er das doch,
was er will. Das wiederum weiß Biden auch. (...)
Das Gespräch führte Joachim Frank
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8. IPG: Alon Liel: Mehr als Symbolpolitik
Naher Osten/Nordafrika
31.05.2024
Alon Liel
Alon Liel ist ein ehemaliger israelischer Diplomat. Er war unter anderem als Sprecher und später als Generaldirektor des israelischen Außenministeriums tätig und Teil der israelischen Delegation bei den Vereinten Nationen.
Mehr als Symbolpolitik
Mehrere EU-Staaten erkennen Palästina als Staat an. Deutschland und Frankreich sollten sich schnell anschließen, meint Israels Ex-Diplomat Alon Liel.
Der „7.-Oktober-Krieg" ist für die israelisch-palästinensischen Beziehungen, aber auch für Israels Allianzen ein strategischer Wendepunkt. Die von der israelischen Regierung vermarktete – und von führenden Politikern des Westens aus Bequemlichkeit übernommene – Vorstellung, die Hamas werde durch Eindämmung und Abschreckung neutralisiert und Israels Integration in die Region sei möglich, ohne dass man sich mit der Palästinenserfrage auseinandersetzt, ist an jenem 7. Oktober in sich zusammengestürzt.
Dadurch ist die Diskussion über die Notwendigkeit einer Zweistaatenlösung wieder in den Fokus gerückt. Die Ankündigung Norwegens, Spaniens, Irlands und zuletzt Sloweniens, Palästina als Staat anzuerkennen, bringt neuen Schwung in diese Debatte. Wenn Deutschland in naher Zukunft – idealerweise im Schulterschluss mit Frankreich – den Staat Palästina anerkennen würde, wäre das möglicherweise die Initialzündung für eine Dynamik, die zu einer Anerkennung durch ganz Europa und die Vereinten Nationen und zur lang erwarteten Zweistaatenlösung führen könnte. (...)
Aus dem Englischen von Andreas Bredenfeld
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9. Tagesspiegel: "Er hat das sehr clever gemacht": Wie realistisch ist Bidens Plan für Nahost?
"Er hat das sehr clever gemacht": Wie realistisch ist Bidens Plan für Nahost?
Seit Wochen kommen die Bemühungen um einen Waffenstillstand in Gaza nicht weiter.
Jetzt überraschte der US-Präsident mit einem neuen Angebot.
Von Maxi Beigang
5.6.2024, 18:34 Uhr
Es war eine kleine Überraschung, als US-Präsident Joe Biden am Freitagabend (deutscher Zeit) einen neuen Vorschlag zu einer möglichen Waffenruhe im Gazastreifen vorstellte. (...)
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10. WiWo: Krieg in Nahost Hamas fordert von Israel Bekenntnis zu Waffenstillstand
Krieg in Nahost Hamas fordert von Israel Bekenntnis zu Waffenstillstand 05. Juni 2024 | Quelle: dpa
Joe Biden hat einen Fahrplan für einen Waffenstillstand vorgelegt - jetzt sind Israel und die Hamas am Zug.
Die News im Überblick:
Die Hamas hält nach eigenen Angaben weiter an ihrer Forderung fest, einem Abkommen zur Beendigung des Gaza-Krieges nur dann zuzustimmen, wenn darin ein dauerhafter Waffenstillstand vereinbart würde. Außerdem müsste sich das israelische Militär vollständig aus dem Gazastreifen zurückziehen, betonte ein Vertreter der terroristischen Organisation bei einer Pressekonferenz gestern Abend in der libanesischen Hauptstadt Beirut.
Sollte sich die israelische Seite nicht auf diese Punkte einlassen, könnte es zu keiner Einigung kommen. Die Hamas warte auf die Antwort der Israelis. Vertreter der Hamas hatten zuvor bereits mehrmals ähnliche Forderungen ausgesprochen.
US-Präsident Joe Biden hatte am Freitag überraschend Details eines Entwurfs für ein Abkommen zur Beendigung des Krieges in drei Phasen präsentiert. Dieser sieht zunächst eine vollständige und uneingeschränkte Waffenruhe von sechs Wochen vor. (...)
11. Connection: 41 israelische Reservesoldat*innen verweigern ihre Beteiligung an der militärischen Invasion von Rafah
https://de.connection-ev.org/article-4150 41 israelische Reservesoldat*innen verweigern ihre Beteiligung an der militärischen Invasion von Rafah Newsletter des Refuser Solidarity Network (RSN) (02.06.2024)
Hallo, Mattan hier. Ich bin Geschäftsführer von RSN und verbrachte im Jahr 2017 110 Tage im Gefängnis, weil ich mich weigerte, der israelischen Besatzung zu dienen.
Vor zwei Wochen teilte ich unsere Überzeugung, dass eine neue Welle der Verweigerung bevorsteht. Ich habe Sie dringend gebeten, unsere Petition zur Unterstützung israelischer Kriegsdienstverweiger*innen zu unterzeichnen.
Dank Ihnen hat die Petition nun über 1.700 Unterzeichner*innen. Sie haben eine klare Botschaft an die israelischen Verweiger*innen gesendet: „Wir stehen hinter euch".
Letzten Freitag wurde der erste konkrete Schritt in dieser Verweigerungswelle öffentlich. 41 israelische Reservesoldat*innen veröffentlichten einen Brief, in dem sie erklärten, dass sie sich weigern, an dem Angriff auf Rafah teilzunehmen und damit unbeteiligte Zivilist*innen, die Geiseln und sich selbst zu gefährden. Im Folgenden finden Sie den vollständigen Text des Briefes:
„Wir sind Reservesoldat*innen, die seit dem 7. Oktober zum Dienst einberufen worden sind. An diesem Morgen erwachten wir zu einem schrecklichen und wahllosen Massaker, bei dem Hunderte von Zivilist*innen ermordet und entführt wurden.
Wir haben uns aus einem tiefen Gefühl der Verpflichtung und Notwendigkeit heraus gemeldet. Wir haben uns an den Kriegsanstrengungen beteiligt, um unsere Heimat zu schützen und die Sicherheit und das Wohlergehen unseres Lebens, des Lebens unserer Familien und des Lebens aller Bürger*innen Israels zu gewährleisten.
Seit über einem halben Jahr befinden wir uns im Kriegszustand und noch immer werden mehr als 120 Menschen im Gazastreifen von der Hamas festgehalten. Das halbe Jahr, in dem wir uns an den Kriegsanstrengungen beteiligt haben, hat uns gezeigt, dass militärische Maßnahmen allein die Geiseln nicht nach Hause bringen werden.
Jeder Tag, der verstreicht, gefährdet das Leben der Geiseln und der Soldat*innen, die sich noch im Gazastreifen aufhalten, und stellt die Sicherheit der Menschen an der Grenze zum Gazastreifen und im Norden nicht wieder her.
Während wir diesen Brief schreiben, hat die Invasion in Rafah begonnen. Diese Invasion gefährdet nicht nur unser Leben und das von unschuldigen Zivilist*innen in Rafah, sondern wird auch die Geiseln – deren Rettung einer der Hauptgründe für unseren Einsatz war – nicht lebend zurückbringen. Es heißt entweder Rafah oder die Geiseln, und wir entscheiden uns für die Geiseln.
Nach der Entscheidung, die Invasion von Rafah einem Geiselabkommen vorzuziehen, erklären wir, die Reservist*innen, dass unser Gewissen es uns nicht erlaubt, uns zu melden, und dass wir nicht dazu beitragen werden, das Leben der Geiseln zu opfern und ein weiteres Abkommen zu torpedieren.
Es ist an der Zeit, sich für das Leben zu entscheiden und alle unsere Bemühungen und Ressourcen in die Aushandlung eines Abkommens zu investieren, das die Geiseln zurückbringt und die Sicherheit des Staates Israel wiederherstellt."
Es ist wichtig, daran zu denken, dass dieser Brief an die Israelis gerichtet ist und eine Sprache verwendet, die im internen israelischen Diskurs Widerhall findet. Als solcher hat er die Macht, Veränderungen herbeizuführen und letztlich dazu beizutragen, die Schrecken in Gaza zu beenden. Eine Verweigerung, egal aus welchen Gründen, hat das Potenzial, den Krieg zu beenden.
Diese Initiative ist der Beginn einer Verweigerungswelle, der weitere folgen werden. Die wachsende Zahl an Verweiger*innen wird den Bedarf an Ressourcen zu ihrer Unterstützung erhöhen.
Wir von RSN starten eine Crowdfunding-Kampagne mit dem Ziel, 30.000 Dollar zu sammeln, um diesen Bedarf in den nächsten sechs Monaten zu decken. Mit der Kampagne werden wir rechtliche und psychologische Hilfe für Kriegsdienstverweiger*innen, die Verstärkung ihrer Stimmen und Unterstützung für ihre direkten Aktionen finanzieren.
Sie haben dazu beigetragen, dass diese Verweiger*innen Stellung bezogen haben, bitte zeigen Sie ihnen weiterhin, dass wir sie unterstützen. Entscheiden Sie sich für eine Spende, wenn Sie können. Jede Spende macht einen Unterschied.
In Solidarität,
Mattan Helman Geschäftsführer Refuser Solidarity Network
Mattan Helman, 41 israelische Reservesoldat*innen verweigern ihre Beteiligung an der militärischen Invasion von Rafah. Newsletter des Refuser Solidarity Network (RSN). Gesendet via Email am 2. Juni 2024 und aus dem Englischen übersetzt von Connection e.V.
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Mit freundlichen Grüßen
Clemens Ronnefeldt Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des internationalen Versöhnungsbundes