Liebe Friedensinteressierte,
beiliegend sende ich einige Artikel zu den Kriegen in der Ukraine und in Westasien sowie zur Miltarisierung in Deutschland.
Angesichts der aktuellen Mehrfachkrisen und er bevorstehenden Osteraktionen der Friedensbewegung fällt heute meine Presseschau etwas umfangreicher aus.
An das Ende setze ich zwei Zitate zum heutigen 80. Todestag von Dietrich Bonhoeffer.
1. n tv: Ukraine Ticker
2. ZDF: Russische Grenzregion: Selenskyj: Ukrainischer Vorstoß in Belgorod
3. NYT: Die Partnerschaft: Die geheime Geschichte des Krieges in der Ukraine
4. Der Spiegel: Steve Witkoff - Putin will nach Ansicht des US-Sondergesandten nicht »ganz Europa« einnehmen
5. IPG: Zurück an den Verhandlungstisch
6. SZ: Umgang mit Russland: Wie viel Verteidigung braucht Europa?
7. Telepolis: Ukraine-Krieg und Geopolitik: Jürgen Habermas zur Zukunft Europas
8. Berl. Z.: Geheime Handreichung: Baerbock will keine Russen bei Kriegs-Gedenken
9. Handelsblatt: Geopolitik - Frankreich befürchtet Militärkonflikt wegen Irans Atomprogramm
10. n tv: Aushungern, vertreiben, besetzen: Netanjahus Plan ist klar: Gaza soll es nicht mehr geben
11. FR: Drei Vorschläge für Israel und Palästina – Überwindung des Urtraumas?
12. Handelsblatt: Geopolitik - Frankreich befürchtet Militärkonflikt wegen Irans Atomprogramm
13. Der Spiegel: Shimon Stein und Moshe Zimmermann - Trumps Freibrief für Israel - Für eine Brandmauer gegen Netanyahu
14. FAZ: Prof. Michael Barenboim, Prof. Christine Binzel, Prof. Hanna Kienzler: "Als Unterzeichner der UN-Völkermordkonvention ist Deutschland verpflichtet, Völkerrechtsverbrechen zu verhindern, auch israelische."
15. SZ: Israel: Mützenich: Deutschland muss Haftbefehl gegen Netanjahu vollstrecken
16. LTO liegen Bescheide gegen Palästina-Aktivisten vor - Widerstand gegen die Staatsräson als Ausweisungsgrund?
17: UNICEF: Die Welt muss mit Dringlichkeit handeln, um Palästinenser in Gaza zu retten
18. Auswärtiges Amt: Logo für das 60-jährige Jubiläum der deutsch-israelischen Beziehungen gekürt
19. SZ: Befreiung des KZ Buchenwald: Das ist die Rede, die Omri Boehm nicht halten durfte
20. Die Zeit: Omri Boehm: Dieser Mann ist ein Ärgernis (für viele)
21. ICAN: Infoflyer „5 Mythen der nuklearen Abschreckung"
22. Rowohlt: Ole Nymoen : Warum ich niemals für mein Land kämpfen würde - Gegen die Kriegstüchtigkeit
23. AFK: Wissenschaftsfreiheit als Prämisse von Friedens- und Konfliktforschung - Grundrechtliche Verankerung
24: Friedensfähig statt kriegstüchtig - Friedensbewegung sammelt sich zum Ostermarsch!
25. Zwei Texte von Dietrich Bonhoeffer
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1. n tv: Ukraine Ticker
(...)
13:38 Saluschnyj: Ukrainische Einsätze mit USA in Hessen geplant
Die ukrainischen Streitkräfte haben ihre Militäreinsätze zur Abwehr des russischen Angriffskriegs nach Angaben des früheren Oberbefehlshabers Walerij Saluschnyj zusammen mit den USA im hessischen Wiesbaden geplant.
(...)
11:58 USA erwägen Abzug Tausender Soldaten aus Europa
Das US-Verteidigungsministerium erwägt offenbar den Abzug von rund 10.000 Soldaten aus Osteuropa.
Das berichtet NBC unter Berufung auf mehrere namentlich nicht genannte Quellen. Dabei soll es sich um Truppen handeln, die zu den von Biden 2022 gesendeten Verstärkungen gehören. Betroffen von dem Abzug wären demnach die Nato-Länder Rumänien und Polen.
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2. ZDF: Russische Grenzregion: Selenskyj: Ukrainischer Vorstoß in Belgorod
Russische Grenzregion: Selenskyj: Ukrainischer Vorstoß in Belgorod 08.04.2025 | 09:15
Die Ukraine hat Militäroperationen in der russischen Grenzregion Belgorod bestätigt. Der Krieg müsse dorthin zurückkehren, woher er gekommen ist, erklärte Präsident Selenskyj.
Die ukrainischen Streitkräfte halten laut Präsident Wolodymyr Selenskyj neben den Teilen der russischen Region Kursk nun auch Stellungen im benachbarten Gebiet Belgorod. Der Staatschef sagte in seiner abendlichen, in Kiew verbreiteten Videobotschaft:
"Wir führen aktive Operationen in den Grenzregionen auf dem Gebiet des Feindes aus." Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine
Es war die erste offizielle Bestätigung dazu von ihm. "Der Krieg muss dorthin zurückkehren, woher er gekommen ist", erklärte er. Es sei absolut wichtig, russische Ausrüstung und die Logistik der Besatzer zu zerstören. Zudem kündigte er neue Schläge im russischen Hinterland mit reichweitenstarken Drohnen an. (...)
3. NYT: Die Partnerschaft: Die geheime Geschichte des Krieges in der Ukraine
https://www.nytimes.com/interactive/2025/03/29/world/europe/us-ukraine-military-war-wiesbaden.html
Die Partnerschaft: Die geheime Geschichte des Krieges in der Ukraine
Dies ist die unerzählte Geschichte von Amerikas versteckter Rolle bei den ukrainischen Militäroperationen gegen die russischen Invasionsarmeen.
29. März 2025
von Adam Entous
Adam Entous führte über ein Jahr lang mehr als 300 Interviews mit Regierungs-, Militär- und Geheimdienstbeamten in der Ukraine, den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Deutschland, Polen, Belgien, Lettland, Litauen, Estland und der Türkei.
29. März 2025.
An einem Frühlingsmorgen, zwei Monate nach dem Einmarsch von Wladimir Putins Invasionsarmeen in die Ukraine, schob sich ein Konvoi nicht gekennzeichneter Autos an eine Kiewer Straßenecke und sammelte zwei Männer mittleren Alters in Zivil ein.
Beim Verlassen der Stadt fuhr der Konvoi - besetzt mit britischen Kommandos, die keine Uniform trugen, aber schwer bewaffnet waren - 400 Meilen nach Westen zur polnischen Grenze. Der Grenzübertritt verlief reibungslos mit Diplomatenpässen. (...)
Übersetzt mit DeepL.com (kostenlose Version)
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im englischen Original:
https://www.nytimes.com/interactive/2025/03/29/world/europe/us-ukraine-military-war-wiesbaden.html
The Partnership: The Secret History of the War in Ukraine
This is the untold story of America's hidden role in Ukrainian military
operations against Russia's invading armies.
March 29, 2025
By Adam Entous
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4. Der Spiegel: Steve Witkoff Putin will nach Ansicht des US-Sondergesandten nicht »ganz Europa« einnehmen
Steve Witkoff Putin will nach Ansicht des US-Sondergesandten nicht »ganz Europa« einnehmen In Saudi-Arabien wird über eine Waffenruhe zwischen der Ukraine und Russland verhandelt, Trumps Gesandter Steve Witkoff ist auch vor Ort. Zuvor äußerte er bemerkenswerte Einschätzungen über Putins Motive.
23.03.2025, 18.06 Uhr
Die Unterhändler Kyjiws und Washingtons haben nach ukrainischen Angaben ihre Gespräche in Saudi-Arabien über eine Waffenruhe im Ukrainekrieg aufgenommen.
»Wir haben das Treffen mit dem amerikanischen Team in Riad begonnen«, schrieb der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow am Sonntag auf Facebook. »Auf der Tagesordnung stehen Vorschläge zum Schutz von Energieanlagen und kritischer Infrastruktur.«
Zuvor hatte sich der Sondergesandte der US-Regierung, Steve Witkoff, in einem TV-Interview über Wladimir Putingeäußert. Der Kremlchef wolle sich nach seiner Auffassung nicht »ganz Europa« einverleiben. (...)
»Es liegen schwierige Verhandlungen vor uns«, fügte Peskow hinzu.
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5. IPG: Zurück an den Verhandlungstisch
Außen- und Sicherheitspolitik
07.04.2025
Roland Bathon Zurück an den Verhandlungstisch Um bei den Ukraine-Gesprächen mitzureden, muss Europa koordinierte Angebote machen. Diese dürfen Kiew jedoch nicht schwächen.
Roland Bathon ist freier Journalist. Er schreibt vor allem zu Russland und Osteuropa.
Während die USA und Russland in Riad über die Zukunft der Ukraine verhandeln, bleibt Europa von diesen entscheidenden Gesprächen ausgeschlossen. Dieses Schicksal trifft die EU sowie Staaten wie Deutschland und Frankreich nicht unverschuldet.
Seit Beginn des Krieges wurden Verhandlungen mit Russland weitgehend vernachlässigt; dem Militär wurde gegenüber der Diplomatie der Vorrang eingeräumt – obwohl sich beide Ansätze nicht ausschließen. (...)
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Nachfolgend einige anregende Beispiel für kritische SZ-Leserbriefe, die veröffentlich wurden:
6. SZ: Umgang mit Russland: Wie viel Verteidigung braucht Europa?
https://www.sueddeutsche.de/kolumne/leserbriefe-europa-russland-verteidigungspolitik-li.3230136
Umgang mit Russland: Wie viel Verteidigung braucht Europa? 4. April 2025, 15:41 Uhr
Leitartikel „Von Soldaten reden" vom 29./30. März, „Plant Moskau den großen Krieg?" und Kommentar „Entfeinden"vom 28. März sowie „Ich lebe lieber in Unfreiheit, als für Freiheit zu sterben" vom 27. März und Leitartikel „Lernprozesse" vom 20. März:
Den Krieg verweigern Sehr beeindruckt hat mich das Interview mit Ole Nymoen. Ich finde es großartig, wie dieser junge Mensch sich für einen Weg aus der Spirale von Krieg, Unterdrückung, Macht und Intoleranz einsetzt. Ich kann jede Aussage nur unterstützen und wünsche mir, dass sich viele junge Leute mit diesen Argumenten intensiv beschäftigen, um gegen Krieg und Macht sich zeigen zu können. (...)
Johannes G. F. Bruns, Bremen
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Kriegsaffines Raunen
Als regelmäßiger Leser der SZ erwarte ich von drei (!) Investigativjournalisten bei einem 187-Zeilen-Artikel mehr als bellizistisches Raunen. Es ist okay, dass die drei Journalisten die Sichtweise des Generalinspekteurs der Bundeswehr und des BND mit allerlei spekulativem „könnte" wiedergeben. (...)
Dr. Dieter Korczak, Bernau bei Berlin
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Wider das Russland-Feindbild Mit seinem Kommentar „Entfeinden" ist es Heribert Prantl wieder einmal gelungen, „herrschende Lehren" zu durchkreuzen.
Gegen das Feindbild Russland empfehle ich den Roman von Alexei Tolstoi „Peter der Große" als Schullektüre sowie die Erzählung „Der erste Lehrer" von Tschingis Aitmatow, Träger des sowjetischen Leninpreises. (...)
Dr. Claudia Eisinger-Schmidt, München
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Wirklich nur Verteidigung?
In seinem Kommentar „Lernprozesse" stellt Stefan Kornelius fest, dass Russland „militärisch wie ökonomisch" „nicht mehr viel Atem aufbringt". Man hört und liest von enormen Verlusten, drohendem Nachschubmangel, Wirtschaftskrise.
(...)
Vielleicht kann da der CDU-Bundestagsabgeordnete Kiesewetter, der von der Notwendigkeit spricht, Russland „zurückzudrängen", für etwas Klarheit sorgen. Das klingt nun allerdings weniger nach „Verteidigung".
Mathias Günther, Hamburg
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7. Telepolis: Ukraine-Krieg und Geopolitik: Jürgen Habermas zur Zukunft Europas
Ukraine-Krieg und Geopolitik: Jürgen Habermas zur Zukunft Europas 06. April 2025
Rüdiger Suchsland
Wie Deutschlands bekanntester Denker die Situation zurechtrückt.
Drei Thesen zur neuen Europa-Debatte sowie eine gewaltige Frage, von der niemand spricht.
Wie dem auch sei, Europa ist noch immer der kleinste Teil der Welt; doch hat es, wie Montesquieu im "Geist der Gesetze" anmerkt, eine solche Macht erlangt, dass sich in der Geschichte fast nichts mit ihm vergleichen lässt, wenn man die ungeheuren Ausgaben betrachtet, die Höhe der Verpflichtungen, die Zahl der Truppen & die Stetigkeit ihres Unterhalts, auch wenn sie völlig nutzlos sind & man sie nur aus Prahlerei beibehält.
Im Übrigen ist es unwichtig, dass Europa in Hinsicht auf die Größe des Terrains der kleinste der vier Erdteile ist, da es im Hinsicht auf seinen Handel, seine Seefahrt, seine Fruchtbarkeit, die Aufgeklärtheit und den Fleiß seiner Völker der angesehenste ist, ebenso durch die Kenntnis der Künste, der Wissenschaften, der Handwerker... (...)
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8. Berl. Z.: Geheime Handreichung: Baerbock will keine Russen bei Kriegs-Gedenken
Geheime Handreichung: Baerbock will keine Russen bei Kriegs-Gedenken Zum Kriegsende-Jubiläum fürchtet das Auswärtige Amt, dass Russen zu den Gedenkveranstaltungen kommen könnten. Sie seien per „Hausrecht" zu behandeln.
Nicolas Butylin
04.04.2025 16:26 Uhr
Bei den Gedenkveranstaltungen rund um den 80. Jahrestag der Befreiung von Nazi-Deutschland sind offizielle Vertreter Russlands und Belarus' in Berlin und Brandenburg nicht willkommen.
Das geht aus einer Handreichung des Auswärtigen Amts (AA) hervor, die der Berliner Zeitung vorliegt. Die Handreichung ist streng vertraulich, die Empfänger werden ausdrücklich aufgefordert, dafür zu so, dass das Papier nicht in die Öffentlichkeit gelangt. (...)
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9. Handelsblatt: Geopolitik - Frankreich befürchtet Militärkonflikt wegen Irans Atomprogramm
Geopolitik Frankreich befürchtet Militärkonflikt wegen Irans Atomprogramm Im Streit um das Atomprogramm des Irans reden die USA offen über Bombardierungen. Paris pocht nun auf eine Verhandlungslösung, wofür die Zeit knapp wird. Ansonsten drohe eine militärische Auseinandersetzung.
02.04.2025 - 20:00 Uhr
Paris. Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot befürchtet eine militärische Konfrontation, wenn es nicht zu einem neuen Atomabkommen mit Teheran kommt.
Der Iran treibe sein Atomprogramm ungeachtet zahlreicher Rückschläge in seinem Einflussbereich weiter in beispiellose Höhe, sagte Barrot in Paris. Frankreichs Bestreben sei unverändert, dass der Iran niemals in den Besitz von Atomwaffen gelangen dürfe.
„Unsere Priorität ist es, ein Abkommen zu erreichen, das das iranische Atomprogramm dauerhaft und überprüfbar einschränkt, das Zeitfenster ist eng", sagte Barrot. (...)
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10. n tv: Aushungern, vertreiben, besetzen: Netanjahus Plan ist klar: Gaza soll es nicht mehr geben
Kommentare Aushungern, vertreiben, besetzen Netanjahus Plan ist klar: Gaza soll es nicht mehr geben
Ein Kommentar von Frauke Niemeyer
02.04.2025, 17:10 Uhr
Lange Zeit wurde Israels Regierung dafür kritisiert, kein Konzept für den Tag nach dem Gazakrieg zu haben. Oh doch, Israel hat einen Plan. Für Gaza bedeutet er nichts Gutes.
Was tun die Palästinenser seit anderthalb Jahren inmitten des israelischen Raketenhagels und Einschlägen schwerster Bomben? Sie suchen Schutz in schmalsten, als "sicher" deklarierten Landkorridoren, in Zelten, unter freiem Himmel. Wandern mit Sack und Pack, Kind und Kegel von einer Ecke der abgeriegelten 40 Quadratkilometer in die andere.
Von 2,2 Millionen Bewohnern des Gazastreifens flohen rund 100.000 über die Grenze nach Ägypten. Doch die übergroße Mehrheit glaubte von Tag 1 dieses Krieges an: Wenn wir auch nur einen Fuß aus Gaza heraus setzen, ist es für uns für immer verloren. Sie hatten recht, schon damals. (...)
Von Trump kann man keinen Einspruch erwarten. Aus Europa muss er zwingend kommen.
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siehe auch:
https://www.theguardian.com/commentisfree/2025/apr/03/israel-military-occupation-gaza-ceasefire
(in der angebotenen deutschen Übersetzung) Israel hat sich für eine militärische Besetzung wegen eines Waffenstillstands in Gaza entschieden. Wo endet das? Sanam Vakil
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11. FR: Drei Vorschläge für Israel und Palästina – Überwindung des Urtraumas?
Drei Vorschläge für Israel und Palästina – Überwindung des Urtraumas?
Stand: 08.04.2025, 15:49 Uhr
Von: Aleida Assmann
Die drei Vorschläge
Loyalität mit dem Staat Israel und Solidarität mit den Palästinensern dürfen sich aber nicht auf Dauer gegenseitig ausschließen.
Deshalb ist es so wichtig, dass einige Vordenker den Blick nicht nur zurück in die Vergangenheit, sondern auch nach vorne in die Zukunft wenden und eine mögliche Koexistenz beider Nationen nach Ende des Krieges imaginieren. Drei dieser klugen Vordenker sollen hier kurz zu Wort kommen.
Eine Stimme ist die von Omri Boehm, Philosoph und Enkel von Holocaust-Überlebenden, der in Israel, den USA und Deutschland lebt. Sein Modell sieht einen gemeinsamen demokratischen Staat für Israelis und palästinensische Araber vor. (...)
Aleida Assmann ist Kulturwissenschaftlerin und Trägerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels.
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12. IPG: Die Lehren aus Gaza
https://www.ipg-journal.de/rubriken/aussen-und-sicherheitspolitik/artikel/die-lehren-aus-gaza-8205/?utm_campaign=de_40_20250403&utm_medium=email&utm_source=newsletter Außen- und Sicherheitspolitik 03.04.2025
René Wildangel Die Lehren aus Gaza Warum die neue Bundesregierung eine Nahostpolitik braucht, die sich glaubwürdig an Frieden und Völkerrecht orientiert.
Dr. René Wildangel ist Historiker und Autor mit Schwerpunkt Naher Osten und östliches Mittelmeer. Er arbeitete unter anderem als Referent im Auswärtigen Amt sowie im Bundestag.
Von 2012 bis 2015 leitete er das Büro der Heinrich-Böll-Stiftung in Ramallah.
2022 gab er mit Jan Busse das Buch Das Rebellische Spiel zur WM in Katar und zum Fußball in der arabischen Welt heraus.
Bei vielen Themen nähern sich die zukünftigen Koalitionäre an und beweisen Kompromissfähigkeit. Das ist gut so, denn selten brauchte Deutschland – und Europa – so schnell eine handlungsfähige Regierung.
(...)
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13. Der Spiegel: Trumps Freibrief für Israel - Für eine Brandmauer gegen Netanyahu
Trumps Freibrief für Israel - Für eine Brandmauer gegen Netanyahu
Ein Gastbeitrag von Shimon Stein und Moshe Zimmermann
Shimon Stein, Jahrgang 1948, war Israels Botschafter (2001–2007) und ist zurzeit Senior Fellow am Institut für Nationale Sicherheit Studien (INSS) an der Tel Aviv Universität.
Moshe Zimmermann, Jahrgang 1943, ist Professor emeritus an der Hebräischen Universität, Jerusalem.
Die israelische Regierung handelt seit Wochen wie entfesselt. Die liberale Demokratie wird abgeschafft. Friedrich Merz muss auf diese neue Lage reagieren.
02.04.2025, 12.58 Uhr
Man darf davon ausgehen, dass weder in den Koalitionsverhandlungen noch auf der Agenda des neuen Bundeskanzlers das Thema Israel ganz oben stehen wird. Zu groß sind die Herausforderungen, denen Deutschlands Innen- und Außenpolitik ausgesetzt ist.
Doch lange wird es wahrscheinlich nicht dauern, bis die neue deutsche Regierung veranlasst, sogar gezwungen sein wird, auch zu diesem Thema Stellung zu nehmen. Denn die erste Hürde kündigt sich bereits an: Wird Friedrich Merz als Kanzler, wie vor den Wahlen angekündigt, den berechtigterweise umstrittenen internationalen Haftbefehl gegen Netanyahu wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen ignorieren und den israelischen Ministerpräsidenten nach Deutschland einladen? (...)
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14. FAZ: Prof. Michael Barenboim, Prof. Christine Binzel, Prof. Hanna Kienzler: "Als Unterzeichner der UN-Völkermordkonvention ist Deutschland verpflichtet, Völkerrechtsverbrechen zu verhindern, auch israelische."
https://zeitung.faz.net/faz/politik/2025-04-09/963081725bd9c38b26c51d9e05e7f224?GEPC=s5
Prof. Michael Barenboim, Prof. Christine Binzel, Prof. Hanna Kienzler:
"Als Unterzeichner der UN-Völkermordkonvention ist Deutschland verpflichtet, Völkerrechtsverbrechen zu verhindern, auch israelische."
Frankfurter Allgemeine, 9.4. 2025
Deutschlands „Respekt" für das Völkerrecht Wir begrüßen den auf F.A.Z. Einspruch veröffentlichten Brief der 77 Völkerrechtler, der die Bundesregierung auffordert, internationales Recht zu achten und die IStGH-Haftbefehle gegen Netanjahu und Gallant umzusetzen („Völkerrechtler: Haftbefehl beachten", F.A.Z. vom 21. März).
Auch stellen sie klar, dass die Verhinderung des Sprechens der UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese an Universitäten einen Verstoß gegen die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit darstellt.
(...)
Professor Michael Barenboim, Barenboim-Said Akademie, Berlin,
Professor Christine Binzel, Friedrich-Alexander-Universität, Erlangen-Nürnberg,
Professor Hanna Kienzler, King's College, London
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15. SZ: Israel: Mützenich: Deutschland muss Haftbefehl gegen Netanjahu vollstrecken
https://www.sueddeutsche.de/politik/spd-muetzenich-deutschland-netanjahu-haftbefehl-merz-li.3229583
Israel: Mützenich: Deutschland muss Haftbefehl gegen Netanjahu vollstrecken 1. April 2025, 16:09 Uhr
Der frühere SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich verlangt vom designierten Bundeskanzler Friedrich Merz die Zusage, dass ein Haftbefehl gegen den Regierungschef Israels in Deutschland vollzogen würde.
Von Georg Ismar
Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich fordert von CDU-Chef Friedrich Merz mit Blick auf die geplante Koalition von Union und SPD eindeutige Festlegungen zum künftigen Umgang mit Israels Premier Benjamin Netanjahu.
„Friedrich Merz muss endlich klarstellen, dass Deutschland den Haftbefehl gegen Netanjahu vollziehen würde, sollte der israelische Ministerpräsident unser Land besuchen wollen", sagte der frühere Fraktionsvorsitzende der Süddeutschen Zeitung. Damit würde der zukünftige Bundeskanzler der Rolle Deutschlands gerecht werden, wenn es um die Anerkennung und Weiterentwicklung des Völkerstrafrechts gehe.
(...)
„Gerade Deutschland muss die Institution und dessen Mitarbeiter unterstützen und legitimieren", appellierte Mützenich an Merz.
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16. LTO liegen Bescheide gegen Palästina-Aktivisten vor - Widerstand gegen die Staatsräson als Ausweisungsgrund?
https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/abschiebung-ausweisung-palaestina-aktivisten-rechtswidrig-eugh-freizuegigkeit-berlin?utm_source=firefox-newtab-de-de LTO liegen Bescheide gegen Palästina-Aktivisten vor Widerstand gegen die Staatsräson als Ausweisungsgrund?
von Dr. Max Kolte
(...)
Der Berliner Senat will vier propalästinensische Aktivisten abschieben. Sie sollen an der gewaltsamen Besetzung der FU Berlin beteiligt gewesen sein, die Ermittlungen dauern aber noch an. Darf die Ausländerbehörde derart vorpreschen?
16 Tage und wenige Stunden – so viel Zeit haben Shane O'Brien, Kasia Wlaszczyk, Roberta Murray und Cooper Longbottom, um Deutschland zu verlassen und in ihre Herkunftsländer zurückzukehren. Das sind im Fall der drei zuerst Genannten EU-Länder, Longbottom dagegen müsste zurück in die USA. Kommen die vier der Ausreiseaufforderung nicht nach, droht ihnen jeweils die Abschiebung. Das ergibt sich aus vier Bescheiden des Landeseinwohneramts (LEA) Berlin, der zuständigen Ausländerbehörde, die LTO vorliegen. (...)
Unabhängig von der Rechtmäßigkeit ist klar, dass es sich hier um eine Einschüchterungstaktik handelt. Es soll eben mindestens auch ein Exempel statuiert werden. "Das ist sehr ungewöhnlich, dass hier die Freizügigkeit entzogen wird, ohne dass überhaupt eine Anklage vorliegt", sagt Anwalt Düsberg. Ein Allerweltsvorgang ist es auch nach Einschätzung der unbeteiligten Experten nicht. Dass ein Ausweisungsgrund hier jedenfalls auch im Widerstand gegen die Staatsräson besteht, verdeutlichen zudem einige Formulierungen in den Bescheiden.
(...)
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17: UNICEF: Die Welt muss mit Dringlichkeit handeln, um Palästinenser in Gaza zu retten
https://www.unicef.org/press-releases/world-must-act-urgency-save-palestinians-gaza
Erklärung Die Welt muss mit Dringlichkeit handeln, um Palästinenser in Gaza zu retten
Erklärung der Leiter von OCHA, UNICEF, UNOPS, UNRWA, WFP, WHO und IOM 07. April 2025
NEW YORK, AMMAN, COPENHAGEN, GENF, ROME, 7. April 2025 „Seit über einem Monat sind keine kommerziellen oder humanitären Hilfsgüter mehr in Gaza angekommen.
Mehr als 2,1 Millionen Menschen sind erneut eingeschlossen, bombardiert und ausgehungert, während sich an den Grenzübergängen Lebensmittel, Medikamente, Treibstoff und Unterkünfte stapeln und lebenswichtige Ausrüstung festsitzt.
„Berichten zufolge wurden allein in der ersten Woche nach dem Zusammenbruch des Waffenstillstands über 1.000 Kinder getötet oder verletzt, die höchste wöchentliche Zahl an Todesopfern unter Kindern in Gaza im vergangenen Jahr.
„Vor wenigen Tagen mussten die 25 Bäckereien, die während des Waffenstillstands vom Welternährungsprogramm unterstützt wurden, wegen Mehl- und Kochgasmangels schließen.
„Das teilweise funktionierende Gesundheitssystem ist überlastet. Die lebenswichtigen medizinischen und Trauma-Versorgungsgüter gehen rasch zur Neige und drohen, die hart erkämpften Fortschritte bei der Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems zunichte zu machen.
„Die jüngste Waffenruhe hat es uns ermöglicht, in 60 Tagen das zu erreichen, was Bomben, Blockaden und Plünderungen in 470 Kriegstagen verhindert haben: lebensrettende Hilfsgüter, die fast jeden Teil des Gazastreifens erreichen.
„Dies bot zwar eine kurze Atempause, aber die Behauptung, es gäbe jetzt genug Lebensmittel, um alle Palästinenser in Gaza zu ernähren, ist weit von der Realität vor Ort entfernt, und die Vorräte gehen extrem zur Neige.
Wir sind Zeugen von Kriegshandlungen in Gaza, die eine völlige Missachtung menschlichen Lebens zeigen.
Neue israelische Vertreibungsbefehle haben Hunderttausende Palästinenser erneut zur Flucht gezwungen, ohne dass sie einen sicheren Zufluchtsort hätten.
„Niemand ist sicher. Seit Oktober 2023 wurden mindestens 408 humanitäre Helfer, darunter über 280 von UNRWA, getötet.
Da die verschärfte israelische Blockade des Gazastreifens nun seit zwei Monaten andauert, appellieren wir an die Staats- und Regierungschefs der Welt, entschlossen, dringend und entschieden zu handeln, um sicherzustellen, dass die Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts eingehalten werden
„Schützen Sie die Zivilbevölkerung. Erleichtern Sie die Hilfe.
Lassen Sie die Geiseln frei.
Erneuern Sie den Waffenstillstand."
Tom Fletcher, Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten und Nothilfekoordinator, OCHA
Catherine Russell, Exekutivdirektorin, UNICEF
Jorge Moreira da Silva, Exekutivdirektor, UNOPS
Philippe Lazzarini, Generalkommissar, UNRWA
Cindy McCain, Exekutivdirektorin, WFP
Dr. Tedros Ghebreyesus, Generaldirektor, WHO
Amy Pope, Generaldirektorin, IOM
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18. Auswärtiges Amt: Logo für das 60-jährige Jubiläum der deutsch-israelischen Beziehungen gekürt
https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/2693774-2693774
Logo für das 60-jährige Jubiläum der deutsch-israelischen Beziehungen gekürt 13.01.2025 - Pressemitteilung
Vor dem Hintergrund einer dunklen Vergangenheit ist die Tatsache, dass Israel und Deutschland heute diplomatische Beziehungen pflegen, ein wahres Wunder.
Es ist ein Symbol der Hoffnung und vor allem ein Anlass zu Freude und Stolz – Jahr für Jahr. Deutschland ist ein strategischer Partner Israels, an Bedeutung nur von den Vereinigten Staaten übertroffen.
Beide Länder sind vereint in ihrem Engagement für gemeinsame Werte und ihrer Entschlossenheit, gemeinsam den Herausforderungen der Gegenwart zu begegnen.
60 Jahre nachdem Premierminister Ben-Gurion und Bundeskanzler Adenauer offiziell diplomatische Beziehungen aufgenommen haben, werden Deutschland und Israel dieses historische Ereignis feierlich und emotional würdigen. (...)
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19. SZ: Befreiung des KZ Buchenwald: Das ist die Rede, die Omri Boehm nicht halten durfte
https://www.sueddeutsche.de/kultur/omri-boehm-kz-buchenwald-gedenken-rede-li.3231805?reduced=true
Befreiung des KZ Buchenwald:Das ist die Rede, die Omri Boehm nicht halten durfte 6. April 2025, 15:29 Uhr
Warum das Gedenken keine lästige Pflicht der Gegenwart ist, sondern die Bedingung der Möglichkeit einer Zukunft.
Zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald.
Gastbeitrag von Omri Boehm
(...)
———
Die Printausgabe der Süddeutschen Zeitung veröffentlichte
den Text am 7. 4. 2025 im Feuilleton auf Seite 11:
Das Gegenteil des Vergessens
Warum das Gedenken die Bedingung der Möglichkeit einer Zukunft ist:
zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald.
Von Omri Boehm
Die folgende Rede sollte der israelische Philosoph Omri
Boehm am Sonntag bei der Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der
Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald halten.
Auf Druck der israelischen Botschaft in Berlin zog die Gedenkstätte
ihre Einladung jedoch in der vergangenen Woche zurück. (...)
Der deutsch-israelische Philosoph Omri Boehm, geboren 1979, ist
Professor für Philosophie an der New School for Social Research in New
York. 2022 erschien von ihm „Radikaler Universalismus" im Propyläen
Verlag.
——
20. Die Zeit: Omri Boehm: Dieser Mann ist ein Ärgernis (für viele)
https://www.zeit.de/kultur/2025-04/omri-boehm-philosoph-universalismus-denken-werk/komplettansicht
Omri Boehm: Dieser Mann ist ein Ärgernis (für viele) Der Philosoph Omri Boehm darf nicht zum Gedenken an die Befreiung des KZ Buchenwald sprechen.
Aber was macht sein Denken gerade für die israelische Regierung so anstößig?
Von Thomas Assheuer
5. April 2025, 16:19 Uhr
(...) Boehm ist die Kritik vertraut In seiner Redensammlung Die Realität der Ideale (2024) spricht Boehm – früher selbst Soldat in der israelischen Armee – von "unvorstellbaren Verbrechen" im Gazastreifen. "Meine palästinensischen Freunde wissen, dass jeder, der das, was mein Land in Gaza tut, 'Selbstverteidigung' nennt, meine Identität zutiefst beschämt." Deshalb sei es höchste Zeit, an die humanistischen Maximen des Judentums zu erinnern, an den biblischen Monotheismus.
Nicht nur die israelische Regierung, sondern der normativ erschöpfte Westen insgesamt solle ihn als sein "lebendiges Erbe erkennen". An dieser Stelle beruft sich Boehm auf den Schriftsteller Navid Kermani: Der habe recht mit seiner Klage, dass der Platz des prophetischen Kosmopolitismus leer sei und in der politisch-intellektuellen Kritik keine Rolle mehr spiele.
(...)
------
siehe auch:
https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit/buchenwald-gedenken-absage-an-omri-boehm-100.html
und
https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/interview-mit-gedenkstaettenleiter-gedenken-ohne-omri-boehm-110401185.html Buchenwald-Gedenken :
„Das ist mir in 25 Jahren Gedenkstättenarbeit noch nie passiert" Von Jonas Wagner
05.04.2025, 14:56
Gedenkstättenleiter Jens-Christian Wagner kritisiert Israels Botschaft scharf. Sie habe darauf gedrängt, eine Rede des israelischen Philosophen Omri Boehm zum Gedenktag der Buchenwald-Befreiung abzusagen.
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21. ICAN: Infoflyer „5 Mythen der nuklearen Abschreckung"
https://www.icanw.de/publikationen/infoflyer-5-mythen-der-nuklearen-abschreckung/
Infoflyer „5 Mythen der nuklearen Abschreckung" ICAN-Publikation
Nukleare Abschreckung schützt uns." „Nukleare Abschreckung bewahrt den Frieden." „Nukleare Abschreckung ist rein defensiv." „Nukleare Abschreckung ist normal." „Alle glauben an nukleare Abschreckung."
Diese fünf weit verbreiteten Mythen stützen eine grundsätzlich fehlerhafte und gefährliche Theorie,
die uns alle der nuklearen Bedrohung aussetzt.
Deshalb haben wir fünf kurze Erklärungen zusammengestellt, um sie zu hinterfragen.
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22. Rowohlt: Ole Nymoen : Warum ich niemals für mein Land kämpfen würde - Gegen die Kriegstüchtigkeit
Warum ich niemals für mein Land kämpfen würde Gegen die Kriegstüchtigkeit
Ein starkes Plädoyer gegen den Kriegseinsatz –
fern von naiver Friedensbewegtheit und weltfremdem Pazifismus.
Autor: Ole Nymoen
Die Verteidigungsfähigkeit wird zur «Kriegstüchtigkeit» umerklärt, die Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro aufgerüstet, die Wiedereinführung der Wehrpflicht diskutiert: Die Zeichen stehen auf Mobilmachung, auch mental. Die Nation wird dabei zur großen Solidargemeinschaft verklärt, der ein jeder glücklich zu dienen hat. Und das nach Jahrzehnten der Entsolidarisierung, in denen die Verarmung breiter Bevölkerungsschichten von neoliberalen Politikern für alternativlos erklärt wurde.
Ole Nymoen erhebt Einspruch: Die Behauptung, das Sicherheitsinteresse eines Staates falle notwendig mit dem seiner Untertanen zusammen, erscheint geradezu absurd. Immerhin sind es junge Männer wie er, die im Kriegsfall gezwungen sind, im Land zu bleiben und ihr Leben zu riskieren, ob sie wollen oder nicht. Ganz zu schweigen davon, dass der «Dienst an der Waffe» auch beinhaltet, mit dieser Waffe andere zu töten. Und wer bestimmt eigentlich über den «Waffengang»? Ist es wirklich der demos, das Volk?
Nicht kämpfen zu wollen für einen Staat, das ist vor diesem Hintergrund mehr als nur eine individuelle Verweigerung – nämlich ein Akt der Humanität und des Protests für mehr kollektive Selbstbestimmung.
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23. AFK: Wissenschaftsfreiheit als Prämisse von Friedens- und Konfliktforschung - Grundrechtliche Verankerung
Dieser Text wurde im Arbeitskreis Herrschaftskritische Friedensforschung der Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung e.V. (AFK) im Januar/Februar 2025 partizipativ erarbeitet und im Rahmen der AFK- Mitgliederversammlung am 20. März 2025 diskutiert. Es handelt sich NICHT um eine Stellungnahme der AFK insgesamt.
Wissenschaftsfreiheit als Prämisse von Friedens- und Konfliktforschung
Grundrechtliche Verankerung
Egal ob Forschung über oder für den Frieden: Wie jede andere Wissenschaft ist auch die Qualität und Relevanz von Friedens- und Konfliktforschung von ihren gesellschaftlichen und politischen Möglichkeitsbedingungen abhängig. Eine dieser Grundvoraussetzungen ist die in internationalem Recht ebenso wie in nationalen Verfassungen (Deutschland, Österreich, Schweiz) grundrechtlich verankerte Freiheit der Wissenschaft in Forschung und Lehre.1
Als Errungenschaft der bürgerlichen Revolutionen des 19. Jahrhunderts ist sie in erster Linie als Abwehrrecht gegenüber Eingriffen des Staates zu verstehen. In einer demokratischen Wissensgesellschaft hingegen muss Wissenschaftsfreiheit auch als Teilhaberecht gelebt werden, um sich ihren normativen Idealen anzunähern.2
Beide Dimensionen stehen durch historische und gegenwärtige Verstrickungen der Wissenschaften in Macht-, Gewalt- und Herrschaftsverhältnisse zugleich stets zur Disposition. Diskussions- und Handlungsräume werden derzeit auch in der Friedens- und Konfliktforschung sowie in der Friedens(bildungs-)arbeit massiv eingeschränkt, indem sowohl in Wissenschaft als auch in der Politik bestimmte gegenhegemoniale Sichtweisen unter Generalverdacht gestellt und aus dem Spektrum respektabler Positionierungen ausgegrenzt werden.
Umkämpftes Terrain
Angriffe auf unliebsame Intellektuelle, Wissenschaft und Kunst bilden einst wie heute ein wesentliches Element autoritärer Wenden. Bereits seit einigen Jahren erleben insbesondere Vertreter*innen kritischer Wissenschaftstraditionen massive Be- und Verhinderungen ihrer Arbeit, wie etliche Beispiele in Feldern wie der Kritischen Migrationsforschung, den Gender Studies und den Post- bzw. Decolonial Studies verdeutlichen.
Verschärft werden diese Entwicklungen im deutschsprachigen Raum insbesondere im Kontext der hochumstrittenen Kriege im Gaza und der Westbank, aber auch rund um den Krieg in der Ukraine sowie jenen der Türkei in Nordsyrien und im Nordirak:
Das belegen unzählige Absagen von Veranstaltungen, Ausladungen von Vortragenden, Eingriffe in Lehrveranstaltungen, Verbote von Versammlungen, hochschulinterne und -externe Reglementierungsversuche gegenüber Lehrenden sowie Streichungen von Förderungen wissenschaftlicher und zivilgesellschaftlicher Aktivitäten in erschreckendem Ausmaß.
Hinzu kommt ein besorgniserregender Abschreckungseffekt,3 der sich in einem hochgradig prekarisierten professionellen Umfeld als Selbstzensur besonders wirksam entfaltet. Nicht zuletzt die im deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung erwogene Prüfung strafrechtlicher wie förderrechtlicher Schritte gegen die Unterzeichner*innen eines offenen Briefes zur Wahrung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit anlässlich der Räumung eines Protestcamps im Mai 2024 setzt hier ein fatales Signal.4
Auch die Arbeit zivilgesellschaftlicher (Friedens-)Organisationen wird durch öffentliche Diffamierung diskreditiert oder gar kriminalisiert sowie durch den Entzug von Fördermitteln (wie jüngst für Kooperationen der deutschen Bildungs- und Begegnungsstätte Kurve Wustrow mit den in Israel tätigen NGOs Zochrot und New Profile) behindert.5
Im deutschsprachigen Raum wurden bislang überwiegend in anderen disziplinären Feldern als der Friedens- und Konfliktforschung Stellungnahmen gegen repressionsfördernde Instrumente wie die beiden deutschen Bundestagsresolutionen „Nie wieder ist jetzt: jü disches Leben in Deutschland schü tzen, bewahren und stärken"9 bzw. „Antisemitismus und Israelfeindlichkeit an Schulen und Hochschulen entschlossen entgegentreten sowie den freien Diskursraum sichern"10 erarbeitet.
Gerade für die Friedens- und Konfliktforschung und kritische Bildungsarbeit ist es selbstverständlich, Antisemitismus ebenso wie jeder anderen Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit unmissverständlich entgegenzutreten. Doch beide genannten Resolutionen basieren auf der unbestimmten und missbrauchsanfälligen Definition von Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA).11
Mit ihrer Hilfe lassen sich jegliche Kritik an der Politik Israels und sogar bestimmte Fachbegriffe bzw. Theorieperspektiven leicht als antisemitisch brandmarken, – eine Anschuldigung, die Organisationen und Projekte ihre Förderwürdigkeit, Menschen ihre berufliche Existenz kosten kann.
Ein anderes Beispiel für die Bedrohung der Wissenschaftsfreiheit in Forschung und Lehre im Zuge der autoritären Wende ist das „Positionspapier des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Forschungssicherheit im Lichte der Zeitenwende"12 sowie das „Gesetz zur Förderung der Bundeswehr"13 insbesondere an Bildungseinrichtungen.
Beide wurden in der zivilgesellschaftlichen und studentischen Initiative der Zivilklauselbewegung offensiv kritisiert. Auch wenn sie in keinem direkten Zusammenhang mit der Debatte um Staatsräson und Erinnerungskultur stehen, ist die zunehmende Indienstnahme von Bildung und Wissenschaft für eine breit eingeforderte neue „Kriegstüchtigkeit" darin deutlich erkennbar. (...)
Als Friedens- und Konfliktforscher*innen treten wir dafür ein, von Einschüchterung, Repression, fördermittelrechtlicher Sanktionierung oder gar strafrechtlicher Verfolgung betroffene Kolleg*innen insbesondere in prekären Arbeitsverhältnissen, die oftmals auch an aufenthaltsrechtliche Restriktionen gebunden sind, im Feld von Wissenschaft und Bildung sowie in der zivilgesellschaftlichen Friedensarbeit solidarisch zu unterstützen.
Nicht zuletzt stehen wir dafür ein, uns aktiv der zunehmenden Zensur und Selbstzensur zu widersetzen, wenn es darum geht, politische Konflikte, Kriege und Gewalt in all ihren Formen zu analysieren, zu theoretisieren, zu diskutieren und auch zu kritisieren.
Über den Schutz der Wissenschaftsfreiheit in Forschung und Lehre hinausgehend fordern wir unsere Regierungen und Parlamente zudem dazu auf, sich wieder verstärkt auf verfassungsrechtliche Verpflichtungen zum Frieden zu besinnen. Denn wie bereits der ehemalige Bundespräsident der BRD Gustav Heinemann 1969 feststellte: „Hinter dem Frieden gibt es keine Existenz mehr".14 Deshalb galt ihm nicht der Krieg, sondern der Frieden als „Ernstfall".
Es heißt also nicht weniger, sondern mehr Frieden wagen – in Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik.
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1 Deutsche UNESCO-Kommission (2017): Wissenschaftsfreiheit weltweit, https://www.unesco.de/dokumente- und-hintergruende/dokumente/dokumente-der-deutschen-unesco-kommission/wissenschaftsfreiheit- weltweit/ [30.1.2025] 2 Bund demokratischer Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen (2024): Vorwort der Redaktion zum Thema des Hefts „Umkämpfte Wissenschaftsfreiheit", BdWi Studienheft 14, 4-6 3 Naomi Klein (2025): 'The Exceptions Have Become the Rule.' Naomi Klein on Trump, Gaza and the End of the 'Liberal Order', Interview mit Omid Memarian, https://dawnmena.org/the-exceptions-have-become-the-rule- naomi-klein-on-trump-gaza-and-the-end-of-the-liberal-order/ [30.1.2025] 4 AStA FU Berlin (2024): Ausführliche Stellungnahme zur polizeilichen Räumung des Protestcamps an der FU am 7.5.2024, https://astafu.de/node/603 [30.1.2025] 5 Kurve Wustrow (2025): Friedensorganisationen in Israel Unterstützung unterzogen, https://www.kurvewustrow.org/aktuelles/bundesregierung-friedensorganisationen-israel-unterstuetzung- entzogen [30.1.2025] 6 Allianz für Kritische und Solidarische Wissenschaft (2025): Aktivitäten, https://krisol-wissenschaft.org/ 7 European Center for Constitutional and Human Rights (2025): Staatsräson gegen Grundrechte, https://loa.ecchr.eu/podcasts/staatsrason-gegen-grundrechte/ [30.1.2025] 8 N.N. (2024): HRK kritisiert Antisemitismus-Resolution für Hochschulen, https://www.forschung-und- lehre.de/politik/hrk-kritisiert-antisemitismus-resolution-speziell-fuer-hochschulen-6772 [30.1.2025] 9 Deutscher Bundestag (2024): Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP: Nie wieder ist jetzt – Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken, https://dserver.bundestag.de/btd/20/136/2013627.pdf; Bundespressekonferenz e.V. (2024): Kritik an Antisemitismusresolution, https://youtu.be/TkM4-g5bKr8?si=uz81m0BmNkBTBnq2 [30.1.2025] 10 Deutscher Bundestag (2025): Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP: Antisemitismus und Israelfeindlichkeit an Schulen und Hochschulen entschlossen entgegentreten sowie den freien Diskursraum sichern, https://dserver.bundestag.de/btd/20/147/2014703.pdf; Allianz für kritische und solidarische Wissenschaft (2025): Stärken statt Regulieren: Stellungnahme zum Resolutionsantrag „Antisemitismus und Israelfeindlichkeit an Schulen und Hochschulen" https://krisol-wissenschaft.org/wp- content/uploads/2025/01/StellungnahmeStaerkenstattRegulieren.pdf [30.1.2025] 11 Verfassungsblog (2025): Die Implementation der IHRA-Arbeitsdefinition Antisemitismus ins deutsche Recht, https://verfassungsblog.de/die-implementation-der-ihra-arbeitsdefinition-antisemitismus-ins-deutsche-recht- eine-rechtliche-beurteilung/; Dis:Orient (2024): Das Problem mit der IHRA-Arbeitsdefinition, https://www.disorient.de/magazin/ihra-arbeitsdefinition-antisemitismus-berlin-kultur [30.1.2025] 12 BMBF (2024 ): Positionspapier Forschungssicherheit, https://www.bmbf.de/SharedDocs/Downloads/DE/2024/positionspapier-forschungssicherheit.html 13 Zivilklausel.de (2025): Initiative gegen das Gesetz zur Förderung der Bundeswehr insbesondere in Bayern, http://zivilklausel.de/ [30.1.2025] 14 Heinemann, Gustav (1969): Der Frieden ist der Ernstfall, https://ghdi.ghi- dc.org/pdf/deu/Chapter12Doc2NEW1.pdf [30.1.2025
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24: Friedensfähig statt kriegstüchtig - Friedensbewegung sammelt sich zum Ostermarsch!
https://www.koop-frieden.de/artikel/friedensfaehig-statt-kriegstuechtig-friedensbewegung-sammelt-sich-zum-ostermarsch Friedensfähig statt kriegstüchtig - Friedensbewegung sammelt sich zum Ostermarsch!
(Bonn/Frankfurt) Die Netzwerke der deutschen Friedensbewegung, die Kooperation für den Frieden und der Bundesausschuss Friedensratschlag rufen alle Friedensinitiativen vor Ort dazu auf, mit thematischer Vielfalt Menschen friedlich auf die Straße zu bringen, um gegen die aktuelle Regierungspolitik und für Friedensfähigkeit zu protestieren. Positiv werten die Netzwerke, dass die Proteste der Friedensbewegung in den letzten Wochen und Monaten an Stärke und Relevanz zugenommen haben.
Die diesjährigen Ostermärsche finden in Zeiten extremer Zuspitzungen statt. Der beherrschende Tenor in Politik und Medien ist der eines bevorstehenden militärischen Konfliktes mit der beständigen Aufforderung, kriegstüchtig zu sein. Diese „Kriegsertüchtigung" und Militarisierung durchdringt alle zivilen Einrichtungen. Begleitet wird diese Drohkulisse von einer Verächtlichmachung angedachter Konzepte einer erneuerten europäischen Friedens- und Sicherheitsordnung. Das erfüllt viele Menschen mit Sorgen und Ängsten.
Diese Sorgen und Ängste finden in den Ostermärschen ein politisches Ventil!
Die anstehenden Ostermärsche sind notwendig, um die Gesamtheit gesellschaftlicher Probleme in den Zusammenhang von Aufrüstung und Kriegsvorbereitung zu stellen. Wir müssen dabei Antifaschismus und Frieden zusammen denken. Der Kern unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts ist eine Kultur des Friedens, die auf der Wahrung von Menschen- und Grundrechten, auf Dialog und auf dem Engagement für Abrüstung und Entspannung fußt und eine zivile statt eine militärische Sicherheitspolitik voranbringt.
Mit Blick auf die gewalttätigen Konflikte, wie in der Ukraine, dem Nahen Osten und anderswo, müssen alle Initiativen zu Waffenruhen, die das Töten beenden, unterstützt werden. Für einen gerechten und nachhaltigen Frieden allerdings muss es internationale Friedenskonferenzen unter Einbeziehung aller Kriegsparteien und relevanten Gruppen sowie der Zivilgesellschaft geben. Weitere Waffenlieferungen oder sogar die Entsendung von Soldat*innen sind der falsche Weg.
Die friedenspolitischen Forderungen für die Initiativen und Menschen vor Ort sind vielfältig und geprägt vom jeweiligen politischen Engagement.
Unter dem Titel „Friedensfähig statt kriegstüchtig" gehören dazu Forderungen wie:
Abrüstungsverhandlungen ja – Europäische Aufrüstung nein Keine neuen US-Raketen in Deutschland Diplomatie statt Kriegsverlängerung in der Ukraine Keine Waffenlieferungen an Israel Geld für Soziales, Gesundheit, Bildung, Klima usw. statt für Rüstung Entwicklung sozialer Verteidigung statt Rüstungsforschung, zivile Konfliktbearbeitung statt Wehrdienst Schutz von Kriegsdienstverweiger*innen und Geflüchteten.
Auf der Seite des Netzwerk Friedenskooperative finden sich die Termine für den Ostermarsch nach Tagen oder Bundesländern sortiert:
https://www.friedenskooperative.de/ostermarsch-2025/termine
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25. Zwei Texte von Dietrich Bonhoeffer
Heute ist der 80. Todestag von Dietrich Bonhoeffer, der am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg hingerichtet wurde.
Aus diesem Anlass füge ich zwei Textausschnitte von ihm bei, die mir aktuell erscheinen:
https://www.dietrich-bonhoeffer.net/zitat/604-dummheit-ist-ein-gefaehrlich/
(...) Gegen die Dummheit sind wir wehrlos. Weder mit Protesten noch mit Gewalt läßt sich hier etwas ausrichten; Gründe verfangen nicht; Tatsachen, die dem eigenen Vorurteil widersprechen, brauchen einfach nicht geglaubt zu werden – in solchen Fällen wird der Dumme sogar kritisch, und wenn sie unausweichlich sind, können sie einfach als nichtssagende Einzelfälle beiseite geschoben werden. Dabei ist der Dumme im Unterschied zum Bösen restlos mit sich selbst zufrieden, ja, er wird sogar gefährlich, indem er leicht gereizt zum Angriff übergeht. Daher ist dem Dummen gegenüber mehr Vorsicht geboten als gegenüber dem Bösen. ... (...)
Quelle: Widerstand und Ergebung, DBW Band 8, Seite 26 ff
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https://www.dietrich-bonhoeffer.net/zitat/494-wir-sind-stumme-zeugen-boese/
Wir sind stumme Zeugen böser Taten gewesen, wir sind mit vielen Wassern gewaschen, wir haben die Künste der Verstellung und der mehrdeutigen Rede gelernt, wir sind durch Erfahrung mißtrauisch gegen die Menschen geworden und mußten ihnen die Wahrheit und das freie Wort oft schuldig bleiben, wir sind durch unerträgliche Konflikte mürbe oder vielleicht sogar zynisch geworden – sind wir noch brauchbar?
Nicht Genies, nicht Zyniker, nicht Menschenverächter, nicht raffinierte Taktiker, sondern schlichte, einfache, gerade Menschen werden wir brauchen. Wird unsere innere Widerstandskraft gegen das uns Aufgezwungene stark genug und unsere Aufrichtigkeit gegen uns selbst schonungslos genug geblieben sein, daß wir den Weg zur Schlichtheit und Geradheit wiederfinden?
Quelle: Widerstand und Ergebung, DBW Band 8, Seite 38