Jahrestagung 2009: Auf dem Weg der Versöhnung

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Die diesjährige Tagung des Versöhnungsbundes fand wieder im Haus Venusberg in Bonn statt. Gut 170 Erwachsene und Jugendliche und rund 30 Kinder fanden zur Tagung "Versöhnung ist die höchste Form des Dialogs" vom 11. bis 14. Juni den Weg nach Bonn.

Mit unserer Jahrestagung im UN-Jahr der Versöhnung haben wir uns dem Thema auf gesellschaftspolitischer Ebene, auf religiöser und persönlicher Ebene sowie im Nord-Süd-Zusammenhang genähert. Dabei war zu erkennen, wie sehr Versöhnung von der zwischenmenschlichen Ebene lebt: Und zwar in einem Akt, in dem sich Wahrheit, Vergebung, Gerechtigkeit und Frieden treffen und in eine Balance gebracht werden.

Gegen die "gesichtslosen" Strukturen der Gewalt und des Unrechts leisten wir Widerstand und versuchen diese zu ändern. Mit diesen Strukturen versöhnen können wir uns nicht. Aber gerade unser gewaltfreier Kampf zeichnet sich dabei durch Mittel aus, die eine spätere Versöhnung möglich machen. In diesem Sinne äußerte sich Ullrich Hahn als Vorsitzender in seiner Eröffnung der Tagung. (Seine einleitenden Thesen finden sich hier.)

Damit die "neuen" und die "alten" TeilnehmerInnen der Jahrestagung sich über ihre Erwartungen und Erfahrungen austauschen und einander kennenlernen konnten, trafen sie sich am Nachmittag in den kleinen "Mosaikgruppen".

Den diesjährigen Vortrag am Donnerstagabend hielt Roswitha Jarman zu "Versöhnung - Ein Weg". Roswitha Jarman dürfte manchen durch ihre Versöhnungsarbeit in Tscheschenien und in den Staaten des Nord-Kaukasus bekannt sein. In ihrem Vortrag verdeutlichte sie, wie sehr der Weg der Versöhnung auch ein innerer Weg ist, der über die zwischenmenschliche Versöhnung seinen Weg nimmt und durch öffentlich-politische Gesten unterstützt werden kann (eine Mitschrift ihres Vortrags findet sich hier.).

Der Donnerstagabend war auch die Zeit, in der sich wie bei den letzten Jahrestagungen die Jugendlichen im Jugendforum unter Leitung von Hannah Klemm und Tobias Lohse, beides Mitglieder des VB-Vorstandes, trafen. Dort besprachen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 14 bis 26 Jahren ihre Ideen, Wünsche und Schwerpunkte zukünftiger Mitarbeit im Versöhnungsbund.

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Beim Weltcafe

Am Freitagmorgen gab es eine Neuerung: Anstatt eines Impulsreferates standen die TeilnehmerInnen selbst Rede und Antwort, um in das Thema "Versöhnung" tiefer einzutauchen. Mit der Großgruppenmethode "World Cafe" mischten sich Tischgruppen im Laufe einer Stunde immerwieder neu, um sich über Versöhnung als mögliches, politisches Mittel auszutauschen. Dabei kamen viele Aspekte zur Sprache und so gaben die TeilnehmerInnen sich Impulse für die Arbeit in den nachfolgenden Gruppen mit auf den Weg.

Der Freitag gehörte dann bis in den Nachmittag den 11 Arbeitsgruppen, um Versöhnung in ihren verschiedenen Facetten - von Völkern, der Natur, den Gender-Rollen, Religionen, mit der eigenen Geschichte, mit Straftätern und in Konflikten - zu betrachten. (Manche Protokolle der Arbeitsgruppen sind im Heft 3/2009 unseres Rundbriefs VERSÖHNUNG dokumentiert.)

Der Freitagabend war einerseits einem zweiten Treffen des Jugendforums und anderseits den Mitgliedern des Versöhnungsbundes vorbehalten, die an vielen Stellen für die Sache der Gewaltfreiheit tätig sind und davon berichten wollten. Bei "Aktuelles aus der Friedensarbeit" war von diesen vielfältigen Tätigkeiten zu erfahren. Neben dem geselligen Ausklang im Saal, Foyer, und Hof bei Gesprächen und erfrischenden Getränken, gab es auch noch die Möglichkeit einen Film zu sehen. Dieses "Kinoangebot" nahm eine große Zahl von TeilnehmerInnen an und sahen gemeinsam den Spielfim "Lemon Tree", der den Israel-Palästina-Konflikt zum Thema hat.

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Plakat zur Versöhnung

Auch in diesem Jahr war der Samstagvormittag für eine "Symbolische Aktion" vorgesehen: Mit tagszuvor gestalteten Umhängeplakaten zum Thema "Versöhnen - nicht versöhnlich" ging es in einem "Spaziergang in Einkehr" in und durch die Bonner Innenstadt; wem der Fußmarsch vom Venusberg zu anstrengend erschien, fuhr mit dem Bus voraus. Mehrere Dutzend TeilnehmerInnen waren bei dieser Aktion dabei, die aus der us-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung bekannt ist. Und da nicht "als Block" sondern hintereinander als Kette gelaufen wurde, zog diese Aktion auch Aufmerksamkeit auf sich.

Der Nachmittag stand dann wieder für die Arbeit in 11 Gruppen zur Verfügung, deren thematische Inhalte den Versöhnungsbund fortlaufend bewegen (Friedenstheologie, Indischer Subkontinent, Initiativen für Israel/Palästina, Friedensarbeit in Afrika, Kindererziehung, Gender & Diversity, Gewaltfreie Erziehung, Anti-Bias Training, Bewahrung der Schöpfung sowie Freie Software/"Open source" - soweit eingereicht, sind auch die Protokolle dieser Gruppen im im Heft 3/2009 unseres Rundbriefs VERSÖHNUNG dokumentiert, das besonders ausführliche Protokoll der AG 3 "Versöhnung in Afrika" findet sich hier als pdf-Datei).

Das Abendprogramm eröffnete ein Gottesdienst mit Abendmahl in der angenehm schlichten Kirche von Haus Venusberg, bei dem die "Versöhnungsbundrolle" auf den Weg gebracht wurde, eine Sammlung unterschiedlicher Versöhnungsgeschichten, die in diesem Jahr durch unsere Republik reisen soll. Daran schloß sich das groß angelegte Planspiel KUBUS zum Thema Weltwirtschaft im großen Saal an. Hierbei bekamen die TeilnehmerInnen - durch das Basteln/ der Produktion von Pappwürfeln - ein wenig Faktoren, Einflüsse und Abläufe der globalen Wirtschaft in "ihrem Land"/ ihrer Tischgruppe zu spüren. So bewegt und motiviert ging es in das Samstagabendfest. Dieser Bunte Abend mit Darbietungen einiger TeilnehmerInnen, dem Auftritt des "Jahrestagungsorchesters" und des "Jahrestagungschores", verfeinert mit ökologischen Käsehappen aus dem Schwarzwald sowie popiger Tanzmusik zu später Stunde, ließ die Tagung wortwörtlich ausklingen.

Aus dem zweiten Teiles der Mitgliederversammlung vom Sonntagvormittag seien hier noch zwei Beschlüsse erwähnt: Der Vorstand wurde beauftragt, eine Satzungsänderung bezüglich der Wiederwahl von einfachen Vorstandsmitgliedern vorzubereiten. Ein länger zurückliegendes Votum der Mitgliederversammlung bestimmte für einfache Vorstandsmitglieder (außer dem/der Vorsitzenden) eine Begrenzung auf sechs Jahre. Dieses Votum fand jedoch - aus nicht mehr zu klärenden Gründen - zum damaligen Zeitpunkt keinen Eingang in die Satzung. Der zweite Beschluß war die Annahme des Finanzplanes 2009, trotz der Erhöhung des Defizits im Vergleich zum Vorjahr. Wir Mitglieder und FörderInnen bleiben aufgefordert, mit kreativen Ideen, guten Beispielen und zahlreichen Spenden dieses Defizit dauerhaft zu verringern.

Für die Jahrestagung 2010 erhielt der Vorstand den Arbeitsauftrag aus der Bandbreite der Themenvorschläge (u.a. "Flüchtlinge und Europa" sowie "Krieg im Weltall") wieder eine so erfolgreiche Jahrestagung wie in diesem Jahr vorzubereiten. Der besondere Dank richtete sich zum Schluß an die Kinderbetreuung sowie an den Geschäftsführer Holger Klee und Maria Elisabeth Scharinger aus der Geschäftsstelle für die exzellente und liebevolle organisatorische Vorbereitung dieser Tagung. Der Deutsche Evangelische Kirchentag will sich scheinbar zukünftig ganz und gar auf Himmelfahrt festlegen, und damit - wie in diesem Jahr - unserem jahrzehntelangen Treffen am Himmelfahrtswochenende starke Konkurrenz machen. Wir nehmen es hin mit der Gelassenheit einer Vereinigung, deren internationaler Zusammenschluß sich in diesem Jahr zum 90. Mal jährt. So findet - trotz des zeitgleichen Ökumenischen Kirchentages - im folgenden Jahr wieder am Himmelfahrtswochenende unsere nächste Jahrestagung vom 13. bis 16. Mai 2010 im Haus Venusberg in Bonn statt. (Inzwischen steht auch das neue Thema fest, es wird um Flüchtlinge gehen.)

Zum Anschauen und Nachlesen (im Anhang)

  • Eingangsthesen von Ullrich Hahn zur Versöhnung
  • Mitschrift des Vortrags von Roswitha Jarman
  • Protokoll der AG zu Afrika
  • Programm der Jahrestagung